Kanzler will nicht wackeln

BERLIN. (BB) Das anschwellende Gegrummel in der SPD ist von der Parteiführung registriert worden, doch hat man vereinbart, dem Widerstand der Linken Paroli zu bieten und "nicht wackeln zu wollen".

Die Aussage des Generalsekretärs Olaf Scholz ist als mahnender Hinweis an die Parteilinken zu verstehen, die sich mit den Reformvorschlägen des Parteivorsitzenden und Bundeskanzlers Gerhard Schröder nicht anfreunden wollen. Gleichwohl muss sich die Chefetage auf heftige Diskussionen gefasst machen und zudem Standvermögen beweisen. Erwartungsgemäß gab das Präsidium am Montag grünes Licht für Schröders "Agenda 2010" - von einigen Mitgliedern dem Vernehmen nach aber mit zusammengebissenen Zähnen. Zuvor hatte der Kanzler seine Mitstreiter eindringlich beschworen, die mühsam gefundene Linie zu verteidigen, da man nicht zulassen dürfe, dass die Pläne "zerredet" würden. Trotzdem will sich die Parteilinke nicht in ihr Schicksal fügen. Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA), Ottmar Schreiner, verlangte Korrekturen an dem Programm, da die geplanten Kürzungen im Sozialbereich "die falsche Antwort" seien und keineswegs zu mehr Arbeitsplätzen führten. Schreiner sprach von "Unmut" in der Partei, "wie ich ihn so noch nicht gespürt habe". Der Kanzler will sich aber nicht beirren lassen. Es gehe jetzt um die praktische Umsetzung der Reformschritte, nicht mehr um die Debatte über die Inhalte, sagte er am Montag nach einer Kabinettssitzung. Eine inhaltliche Diskussion sei auch nicht mehr nötig, weil "Partei und Fraktion ja schon mitgesprochen" hätten, meinte Schröder. Dennoch soll die Basis Luft ablassen dürfen, in vier so genannten Regionalkonferenzen, die jetzt - Ort und Zeitpunkt sind noch nicht festgelegt - organisiert werden. Die Frage nach einem Sonderparteitag der SPD, der über den Kurswechsel befinden könnte, beantwortete Generalsekretär Scholz abschlägig. Dies sei "nicht geboten". Die Linken hegen um so mehr Befürchtungen, dass nämlich mit der "Agenda 2010" der Sozialstaat aus den Angeln gehoben werde. Ihre Anführerin Andrea Nahles hatte am Wochenende bei einer Zusammenkunft in Berlin Korrekturen an dem Konzept verlangt, das mehr Eigenbeteiligung der Krankenversicherten, eine drastische Reduzierung des Arbeitslosengeldes und die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe vorsieht. Nach diesem Konzept müssten Arbeitslose, Kranke und Rentner die Zeche zahlen, während Unternehmen und Vermögende geschont würden, klagte Nahles. General Scholz wies diese Auffassung zurück und sprach von "sozial ausgewogenen" Vorschlägen, die im Interesse des Sozialstaats unumgänglich seien. Zudem sei der soziale Ausgleich bereits mit dem Abbau von Steuervergünstigungen erfolgt.

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