Kanzlermehrheit oder Desaster?

BERLIN. Die SPD zittert um die Mehrheit bei der Wahl des designierten Wehrbeauftragten Reinhold Robbe.

In der SPD-Spitze sind die Nerven stark angespannt. Denn am Donnerstag, punkt neun Uhr, tritt der Deutsche Bundestag zusammen, um den neuen Wehrbeauftragten zu wählen - in geheimer Abstimmung. Reinhold Robbe, der das Erbe von Winfried Penner antreten will, braucht zu seiner Wahl die Kanzlermehrheit. 601 Abgeordnete zählt der Bundestag, SPD und Grüne haben zusammen 304 Abgeordnete, 301 Ja-Stimmen sind die Kanzlermehrheit. Eine Votum, dass eigentlich zu schaffen sein müsste, wenn der Fall Robbe nicht eine böse Vorgeschichte hätte. SPD-Partei- und Fraktionschef Franz Müntefering hatte sich in engem Schulterschluss mit Verteidigungsminister Peter Struck nämlich kräftig verrechnet. Sein derber Versuch, den SPD-Wehrexperten aus dem niedersächsischen Bunde nordwestlich von Oldenburg quasi handstreichartig in der Bundestagsfraktion durchzuboxen, endete mit einem Eklat. In einer ersten Abstimmung in der SPD-Fraktion fiel Robbe am 8. März mit Pauken und Trompeten durch. Erst in einem zweiten Wahlgang konnte sich der amtierende Vorsitzende des Verteidigungsausschusses gegen seinen provokant und hastig aufgestellten Kontrahenten Gerd Höfer mit 97 Ja-Stimmen behaupten. 95 Parlamentarier stimmten für Höfer, drei enthielten sich der Stimme. Kungeleien und Durchstecherei nach Münteferings Art mögen viele in der Fraktion nicht. Der aufgestaute Frust hatte endlich ein Ventil gefunden. Nicht nur Robbe, dem seine parteiinternen Gegner unter anderem vorwerfen, den Wehrdienst verweigert zu haben und deshalb für das Amt des Wehrbeauftragten nicht geeignet zu sein, hatte damit schweren Schaden genommen. Sondern auch Franz Müntefering, dem immer mehr Genossen seinen zum Teil autoritären Führungsstil übel nehmen. Die Union will den von der FDP ins Rennen geschickten Gegenkandidaten Günther Friedrich Nolting unterstützen. Parteichefin Angela Merkel hatte das FDP-Chef Guido Westerwelle schon vor Wochen zugesagt.

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