Kebab, Kameras und Kritik

SAARBRÜCKEN. Etwa 1000 Medienvertreter haben gestern einen spannenden Wahlabend im saarländischen Landtag erlebt. Zwar waren Sieg und Niederlage für CDU und SPD abzusehen; aber der Einzug von Grünen und FDP war in dieser Form nicht erwartet worden.

Der Kebab-Spieß passiert um kurz vor 17 Uhr den Eingang des Landtags. Nedim Ustaoglu stemmt das 30 Kilo schwere Fleischstück durch die Menge: Vorbei an den schweren Jungs vom Wachdienst, in die Menge von Mikrofonen, Kameras und Fernsehern, hinein in den noch verwaisten Landtagsgarten. Und während im Innern des Landtages etwa 1000 Medien-Leute der Politiker harren, laufen auch im kleinen Party-Zelt die letzten Vorbereitungen für das große Finale des Wahlabends im saarländischen Landtag auf Hochtouren. Es ist das erste Mal, dass Nedim und sein Team einen solchen Tag im Landtag erleben. Nedim Ustaoglu lebt seit 34 Jahren im Saarland. " Mein Vater", erzählt er stolz, nachdem er die Leinentasche mit der Aufschrift "Josef Hecken - CDU" geleert hat, "war der zweite Gastarbeiter, der in den 60er Jahren ins Saarland kam". Was Nedim sich von der Politik erhofft? "Weniger Bla bla und mehr Aktion", sagt er, während oben im Plenarsaal die ersten Proben für die ZDF-Übertragung am Abend laufen. Allerdings müssen im Moment noch die Kabelträger die Rolle am Gesprächstisch im Studio übernehmen, die später die Politiker haben. Norbert Tannenberg von der Produktionsleitung und ZDF-Veranstaltungsmeister Alfred Böhm geben letzte Anweisungen, alles läuft nach Plan."Umsetzen, was versprochen wurde"

Jetzt sind es nur noch wenige Minuten, bis die ersten Hochrechnungen kommen. Die Stimmen sind noch nicht ausgezählt, da ist bereits die niedrige Wahlbeteiligung ein Thema im Landtag. "Das sollten sich die Politiker mal hinter die Ohren schreiben", meint ein Beobachter aus der Landtagsverwaltung. Doch ab 18 Uhr wurde der Blick fest auf das zu erwartende Ergebnis gerichtet. Schon nach der Prognose der ARD war sich der CDU-Fraktionschef Peter Hans ziemlich sicher, dass die CDU ihre absolute Mehrheit verteidigt hatte. Aber nicht nur das: "Ich wollte immer, dass wir mindestens 26 Sitze erreichen. Das scheint jetzt übertroffen zu sein." Für die kommende Legislaturperiode kündigt Hans an: "Die CDU wird das umsetzen, was wir vor der Wahl angekündigt haben: Darauf können sich die Menschen verlassen." Eugen Roth, der über die Landesliste zum ersten Mal in den Landtag einzieht, musste die herbe Niederlage für die SPD kommentieren. "Offensichtlich ist es nicht gelungen, die Landespolitik in den Mittelpunkt der Diskussion zu stellen", machte er die Berliner Politik für das Ergebnis mit verantwortlich. Später sagte er deutlicher: "Es ist uns nicht gelungen, uns von dem derzeitigen Chaos um die Arbeitsmarktreform abzusetzen." Von vielen Leuten habe er im Wahlkampf gehört: "Wir können Euch nicht unterstützen, auch wenn Ihr Euch im Saarland abgrenzen wollt." Um 18.12 Uhr kommt die erste Hochrechnung, die die Prognose bestätigt. Danach baut die CDU ihre absolute Mehrheit aus. An der Tür zum ARD-Wahlstudio steht Alfons Vogtel (CDU), der nicht nur Freude über den Wahlsieg erkennt. "Die Stimmung", analysiert er, "ist fälschlicherweise etwas geknickt, weil bei manchen die Erwartungen höher geschraubt waren." Es ist erst 18.25 Uhr, als ein nachdenklicher Heiko Maas am Landtag eintrifft: "Wir müssen uns schon selbstkritisch fragen, ob es uns ausreichend gelungen ist, die Landesregierung zu stellen." Um 18.31 Uhr brandet Beifall auf. Der Wahlsieger Peter Müller erscheint vor einem Riesenpulk von Kameramännern und Fotografen. Stolz sagt er: "Wir haben die absolute Mehrheit nicht nur verteidigt, sondern ausgebaut." Das solle schon was heißen, angesichts von vier Parteien, die in den nächsten fünf Jahren im Landtag vertreten sind.

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