Kein Konzept für die Zeit danach

WASHINGTON. Was kommt nach dem Krieg? Das Konzept der USA für einen Irak nach Saddam Hussein ist mit heißer Nadel gestrickt.

US-Aussenminister Colin Powell gab sich jetzt optimistisch: EinGeneral würde für mindestens zwei Jahre den politischenWiederaufbau des Irak leiten, erfahrene irakischeRegierungsbeamte würden in einem Beirat sitzen. Die Infrastrukturdes Landes würde durch einen Krieg nicht wesentlich inMitleidenschaft gezogen. Und ausserdem: Es werde ja 22 MilliardenDollar jährliche Einnahmen aus Ölverkäufen geben, die zurModernisierung des Landes und zur Hilfe der Zivilbevölkerung zurVerfügung stünden. So einfach, so gut? Die US-Regierung offenbart mit dieser Einschätzung nach Ansicht von Kritikern einen Zweck-Optimismus, der keinesfalls gerechtfertigt sei - und bei dem zudem zwei wesentliche Fakten verschwiegen würden: Das erst vor drei Wochen ins Leben gerufene "Büro für Wiederaufbau und humanitäre Hilfen", eine Unterabteilung im Pentagon, sei mit seinen logistischen Hausaufgaben heillos im Rückstand. Und: Die bisher von Washington den Vereinten Nationen zugesagten zwölf Millionen Dollar für die Bereitstellung von Nahrungsmitteln, Wasser und mobilen Unterkünften seien ein Tropfen auf den heißen Stein - und gerade einmal zehn Prozent der von der Weltorganisation im Kriegsfall benötigten Summe. Scharfe Kritik am Weißen Haus übte deshalb jetzt auch der frühere US-Armeegeneral William Nash, der Friedenstruppen in Bosnien kommandiert hatte: "Das Pentagon unterschätzt bei weitem die Anforderungen an Personal und Finanzen während und nach einem Militäreinsatz." Internationale Organisationen sprechen bereits von einer heranziehenden humanitären Katastrophe.

Vier Stunden lang nahm in dieser Woche der Senatsausschuß für Auswärtige Angelegenheiten Mitglieder der Bush-Regierung in die Zange - und deren Hilflosigkeit offenbarte vor allem eins: Ein unausgereiftes Nachkriegs-Konzept. Selbst Bush-Parteifreunde wie der einflussreiche Senator Richard Lugar zeigten sich entsetzt. "Wir alle sind enttäuscht", resümierte er die Gedanken seiner Kollegen auf dem Kapitol, "wir sind doch überall noch ganz weit zurück." Das gelte auch für die Frage des politischen Wiederaufbaus des Landes und den künftigen Einfluss und die Machtbeteiligung der ethnischen Gruppen im Irak. "Solange wir hierfür keine klaren Antworten haben, ist der weit verbreitete Argwohn in arabischen und europäischen Ländern berechtigt", warnt Lugar.

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