Kein Schmuddelfleck in der Stiftungslandschaft

TRIER. Erleichterung dominiert die Reaktionen nach der Entscheidung der ADD, die geplante Magnus-Gäfgen-Stiftung nicht zuzulassen. Politiker, Kinderschützer und Stiftungsverbände begrüßten das Ergebnis der Rechtsprüfung bei der Trierer Aufsichtsbehörde. Ob das Thema juristisch endgültig ausgestanden ist, steht auf einem anderen Blatt.

Bundesweit hatten die Pläne des verurteilten Mörders und seines Bendorfer Anwalts, eine Stiftung zugunsten jugendlicher Verbrechensopfer zu gründen, für Aufsehen gesorgt. Die Reaktionen waren fast ausnahmslos negativ. Kaum jemand glaubte an eine ernsthafte Reue Gäfgens, viele Beobachter vermuteten eine Mischung aus Geltungsbedürfnis und Publicity-Geilheit. Angekündigte Unterstützer und Kooperationspartner zogen es vor, in der Öffentlichkeit nicht aufzutauchen.Stiftungsgründung zum ersten Mal abgelehnt

Die breite Empörung, die sich auch in politischen Forderungen an die Aufsichtsbehörde ausdrückte, machte die juristische Prüfung für die ADD freilich nicht einfacher. Bislang hatte man noch nie die Gründung einer Stiftung abgelehnt, das liberale rheinland-pfälzische Stiftungsgesetz lässt auch wenig Spielraum für die Verhinderung. Dabei wiesen Stiftungs-Experten von Anfang an darauf hin, dass das vorgesehene Gründungskapital von 25 000 Euro kaum eine ernsthafte Stifter-Tätigkeit ermöglicht, dürfen doch Stiftungen ihr Kapital nicht aufbrauchen und müssen ihre Leistungen aus der Verzinsung finanzieren - in diesem Fall wahrscheinlich weniger als 1000 Euro pro Jahr. Doch auch programmierte Erfolglosigkeit ist noch kein juristisch tragfähiger Grund, eine Stiftungs-Gründung abzulehnen. Da der angegebene Zweck - die Hilfe für jugendliche Opfer von Gewalttaten - keineswegs illegal ist, blieb den ADD-Aufsehern nur die heikle Generalklausel des "Verstoßes gegen die guten Sitten". Die geplante Stiftung sei "untrennbar mit der Person des verurteilten Kindsmörders Gäfgen verbunden" und verstoße daher "gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden". Dass sich Gäfgen und sein umtriebiger Anwalt damit zufriedengeben, ist nicht sehr wahrscheinlich. Bislang wurden Gelegenheiten zur öffentlichen Darstellung selten ausgelassen, von der eigenen Gäfgen-Internet-Homepage über die Veröffentlichung eines Buches und diverser Interviews bis zur Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte oder einem Prozess gegen das ZDF. Gäfgen-Anwalt Heuchemer hält auf seiner eigenen Homepage Interessierte auf dem Laufenden, wirbt für das Buch und teilt potenziellen Kritikern schon mal vorsorglich mit, "dass Beleidigungen oder Drohungen mit strafbarem Inhalt zum Nachteil des Herrn Magnus Gäfgen oder des Herrn RA Dr. iur. Michael Heuchemer ohne jede Ausnahme und ohne weitere Vorwarnung strafrechtliche und zivilrechtliche Verfolgung auslösen". Doch engagierte Kinderschützer wie Elke Boné-Leis vom Trierer Kinderschutzbund lassen sich nicht einschüchtern. Ihr hätten sich "die Nackenhaare aufgestellt" angesichts der "Verhöhnung der Opfer" und des "kalten Profilierungsversuchs". Die Ablehnung durch die ADD sei "das richtige Zeichen", sagt Boné-Leis. Auch der Bundesverband deutscher Stiftungen mit Sitz in Berlin zeigt sich über die Entscheidung der Aufsichtsdirektion "sehr erleichtert". Ein vergleichbarer Fall sei "uns bislang nicht bekannt", erklärt Pressesprecherin Anke Pätsch. Der um das Ansehen der Stiftungen besorgte Verband hat die Rechtslage auch im eigenen Haus prüfen lassen - mit ähnlichen Ergebnissen wie die ADD. Für den Mainzer CDU-Rechtspolitiker Axel Wilke ist mit der ADD-Entscheidung "ein Schmuddelfleck in der Stiftungslandschaft verhindert worden".

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