Kinderlose am Pranger

TRIER. Sollen Kinderlose bestraft werden, weil sie mehr Geld zur Verfügung haben als Eltern und nichts dafür tun, dass die Rente sicher bleibt? In Deutschland tobt (mal wieder) ein Streit über den Beitrag von Familien mit Kindern für den Generationenvertrag.

Die Singles in Deutschland sind sauer. Sie haben es satt, ständig gegen Familien mit Kindern ausgespielt zu werden. Sie fürchten eine "Zeugungs- und Gebärpflicht" in Deutschland. Der Grund für den Ärger ist ein alter, aber immer wieder gerne, in leicht abgewandelter Form ins Spiel gebrachter, wenn es darum geht, Vorschläge für die Rettung des Sozialsystems zu machen: Kinderlose sollen stärker zur Kasse gebeten werden - entweder für die Rente oder für die Pflegeversicherung. Der Grund warum das Thema immer wieder auf die Tagesordnung kommt, ist einfach: Die Rentenkassen sind leer und der Nachwuchs an künftigen Beitragszahlern bleibt aus. Die Deutschen zeigen sich wenig gebärfreudig: Mit gerade mal 1,3 Geburten pro Frau liegt Deutschland zusammen mit Italien, Spanien und Griechenland europaweit ganz hinten. Gerade mal 75 Millionen Einwohner statt der jetzigen 82,5 Millionen werden für Deutschland im Jahr 2050 prognostiziert - mit fatalen Folgen fürs Rentensystem: In 50 Jahren wird jeder Dritte in Deutschland 60 Jahre oder älter sein. "Die Deutschen werden dann das ältestes Volk auf der Erde sein", glaubt Hans-Werner Sinn, Leiter des Münchner Wirtschaftsforschungsinstituts ifo. 62,5 Prozent Sozialbeiträge sagt er für diesen Fall voraus: 30 Prozent für die Rente, 23 Prozent Krankenversicherungsbeiträge, drei Prozent für Pflegeversicherung, 6,5 Prozent für Arbeitslosenversicherung. Schuld an dieser Entwicklung haben laut Sinn die Kinderlosen: "Früher erwuchs aus der Kinderlosigkeit eine Bedrohung für das eigene Leben, heute entsteht aus der Kinderlosigkeit ein massiver materieller Vorteil." Dieses Geld sollten sie anlegen, um so die von ihm geforderte Rentenkürzung zu ergänzen. Die Kinderlosen fühlen sich zu Unrecht an den Pranger gestellt. Zumal einige Politiker mit ihren familienpolitischen Visionen übers Ziel hinaus schießen und statt einer Entlastung der Eltern eine Bestrafung der Kinderlosen durch höhere Steuern oder niedrigere Renten fordern. Daher erstaunt, dass gerade eine Organisation, die sich massiv für die Rechte der Kinder einsetzt, das Beibehalten des Status Quo bei den Rentenbeiträgen fordert: sagt Michael Kruse vom De

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