Koalitionsstreit um Post-Mindestlöhne

In der Großen Koalition bahnt sich ein harter Konflikt über die Einführung von Mindestlöhnen in der Postbranche an. Während Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD) gestern auf rasche Umsetzung pochte, trat die Union auf die Bremse. "Wir prüfen das sorgfältig", meinte der Arbeitsmarktexperte Ralf Brauksiepe (CDU). Das werde aber noch "ein paar Wochen" dauern.

Berlin. (vet) Nach dem Willen Münteferings soll das Kabinett schon in der kommenden Woche über die Aufnahme der Postbranche in das Arbeitnehmer-Entsendegesetz entscheiden. Dies wäre die Voraussetzung für einen flächendeckenden Mindestlohn in diesem Bereich. Danach muss der Bundestag einen entsprechenden Beschluss fassen. Schließlich kann das Kabinett dazu eine Verordnung verabschieden. Darin würde die tariflich ausgehandelte Lohnuntergrenze dann für allgemeinverbindlich in der Branche erklärt.

Die SPD beruft sich auf eine Verabredung bei der Koalitionsklausur Ende August in Meseberg. Dagegen hatte Unionsfraktionschef Volker Kauder grundsätzliche Vorbehalte angemeldet. Seiner Ansicht nach seien die Voraussetzungen für die Einführung eines Mindestlohns im Postgewerbe noch nicht erfüllt, erklärte Kauder. Ein Haus-Tarifvertrag könne nicht für alle gelten.

Hintergrund der zügigen Einigung ist das Auslaufen des deutschen Postmonopols. Vom Januar 2008 an können auch andere Dienstleister in das Geschäft mit Standardbriefen bis 50 Gramm einsteigen. Die großen Post-Konkurrenten wie etwa die Pin Group gehören dem Arbeitgeberverband nicht an und waren in die Tarifverhandlungen nicht einbezogen. Sie wehren sich gegen den gesetzlichen Zwang zur Übernahme der Lohnuntergrenzen. Sein Unternehmen setzte sich für die Schaffung sozialer Standards im Briefmarkt ein, erklärte der Vorstandvorsitzende der Pin Group, Günter Thiel, gegenüber unserer Zeitung. Bei der Festlegung von Mindeststandards könnten allerdings nicht die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen eines Monopolisten als Maßstab dienen, weil die Deutsche Post unter völlig anderen Marktbedingungen agiere. "So hat die Post mit der Mehrwertsteuer-Befreiung einen deutlichen Kostenvorteil gegenüber den privaten Dienstleistern", erläuterte Thiel.

Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger meldete ebenfalls Protest an: "Die Eile des Arbeitsministeriums zeigt, dass es offensichtlich darum geht, potenzielle Wettbewerber der Post aus dem Markt zu drängen oder erst gar nicht auf den Markt kommen zu lassen", sagte Verbandspräsident Helmut Heinen unserer Zeitung. Arbeitgeber-Präsident Dieter Hundt rügte das Vorhaben als "Schritt zu einem staatlichen Lohndiktat, der nichts mit den Zielsetzungen des Entsendegesetzes zu tun hat".

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