Kontrolle der virtuellen Killer

Der Video- und Computerspiel-Jugendschutz wurde reformiert und liegt jetzt in den Händen der Länder. Dennoch fordern Politiker immer noch ein komplettes Verbot so genannter "Killerspiele".

Trier. Was ist ein "Killerspiel"? Mit geradezu beeindruckender Präzision haben die nach einem generellen Verbot rufenden Politiker, allen voran Günther Beckstein (CSU), bisher um eine greifbare Definition herum debattiert. Es blieb dem Wähler, Nutzer, Spieler und Spiele-Skeptiker weitgehend selbst überlassen, zu entscheiden, ab wann ein Spiel zum "Killerspiel" wird. Michael Trier, stellvertretender Chefredakteur der populären Spiele-Fachzeitschrift "Gamestar", sagte dazu im Gespräch mit dem TV: "Der Terminus Killerspiele soll innerhalb der Diskussion Emotionen von vornherein in eine bestimmte Richtung lenken. Wir bemühen uns um eine sachliche und differenzierte Position innerhalb der Medien- und Gewaltdiskussion und um klare Begriffe."Klare Begriffe statt Verwirrung

Klare Begriffe - gerade sie werden in der zweifellos notwendigen Debatte um Video- und Computerspiele, die Gewalt simulieren, dringend benötigt. Denn größtenteils herrscht immer noch Verwirrung. Spiele mit "gewalthaltigem Inhalt", die ohnehin erst ab 18 Jahren freigegeben sind, sollen komplett verboten werden - damit Jugendliche, deren Zugriff auf derartige Erwachsenen-Software durch Eltern und Händler unterbunden werden müsste, nicht an sie herankommen. Die wichtige Frage nach der Wirksamkeit dieses Jugendschutzes im Elternhaus und den Händlerregalen wird von den wesentlich lauteren Rufen nach pauschalen Verboten übertönt. Dabei haben Politik, Industrie und die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) gerade eine Jugendschutz-Reform ausgehandelt.Die Schwachstellen des Jugendschutzes sind allgemein bekannt: In Sachen Software unerfahrene Eltern kaufen ihren Kindern Spiele, die nicht für diese geeignet sind. Das vom volljährigen Bruder gekaufte Ab-18-Ballerspiel macht die Runde auf dem Schulhof. Aus diesem Kontext lässt sich eine klare Schlussfolgerung ziehen: Neben denen, die Altersfreigaben vergeben, muss es auch andere geben, die eine Einhaltung dieser Freigaben Zuhause überwachen sollen. Doch gerade dieses Lager spricht oft von "Überlastung" und "zu geringer Medienkompetenz".Selbstkontrolle kein Garant für Jugendschutz

Über derartige Kompetenz verfügt die Spiele-Industrie zweifellos. Gleichzeitig steht sie natürlich ihren Produkten sehr nahe. Deshalb ist die "freiwillige Selbstkontrolle" der USK, deren Altersempfehlungen auf den Spiele-Verpackungen zu sehen sind, für viele besorgte Eltern ebenso wie für kritische Politiker kein Garant für einen objektiven Jugendschutz. Hier greift die Reform: "In Zukunft wird die USK als gemeinnützige Gesellschaft zwischen dem Industrieverband und den Ländern positioniert", teilt der Bundesverband Interaktiver Unterhaltungssoftware (BIU) mit.Dahinter steckt ein Trägerwechsel. Der Förderverein für Jugend und Sozialarbeit (FJS) beherbergte die USK bisher. Dieser Verein betreibt ein international höchst renommiertes Museum für Computerspiele und lehrt in Kursen Medienkompetenz. Damit steht er der Spielebranche in den Augen vieler Kritiker eindeutig zu nahe, um objektiven Jugendschutz zu betreiben. In Zukunft werde die USK die Altersfreigaben im Zusammenwirken mit dem Staat organisieren, teilt der BIU mit. Man wolle mit den obersten Landesjugendbehörden der Länder ausloten, wie man die Arbeit der USK in der neuen Struktur optimieren und effizienter gestalten kann.Eine simple, aber dennoch wirtschaftlich bedeutsame Tatsache wird in der Jugendschutz-Debatte oft unterschlagen. Da die Industrie natürlich eine möglichst breite Käuferschicht erreichen will, versucht sie schon von sich aus, die Ab-18-Einstufung zu vermeiden. Insbesondere in Deutschland landen oft Spiele in den Händlerregalen, die im Vergleich zum US-Original grafisch deutlich entschärft und geschnitten wurden. Doch auch dieser Selbstreinigungsprozess muss manchmal versagen, und dann schlägt die Industrie ebenso konsequent zu wie der engagierteste Jugendschützer. Wegen "Sadismus ohne eigentliche Handlung" ist das Spiel "Manhunt 2" schon vor Erscheinen in Irland, Großbritannien und Italien verboten worden. Die Großen der Branche reagierten: Sony und Nintendo haben diesem Spiel eine Konvertierung auf ihre Spielkonsolen Wii und Playstation 3 verweigert. Jetzt hat Hersteller Take 2 den Start vorläufig abgesagt. "Manhunt 2" versetzt den Spieler in die Rolle eines psychisch kranken Killers.

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