Kooperation statt Krieg

WASHINGTON. Die USA möchten ab Frühjahr 2006 Truppen aus dem Irak abziehen. Das sagte der Kommandeur der Besatzungstruppen im Irak, General George Casey. Unterdessen will die US-Regierung in den nächsten Tagen ein neues Konzept für den weltweiten Kampf gegen den Terrorismus vorstellen, das einige radikale strategische Veränderungen in der Vorgehensweise beinhaltet.

In dem 25 Seiten starken Dokument, das in Auszügen unserer Zeitung bereits vorliegt, wird insbesondere die Abkehr von einer unilateralen Vorgehensweise betont: Man wolle stärker als je zuvor andere Staaten "ermuntern" und "befähigen", Washington in seinen Aktivitäten zu unterstützen. Und: Das bei der Entwicklung der Strategie federführende Pentagon räumt erstmals explizit ein, dass der Konflikt nicht mit militärischen Mitteln allein gewonnen werden kann. Allerdings behält man sich weiter eigene Aktionen in Drittstaaten vor, wenn dort eine akute Bedrohung für US-Sicherheitsinteressen gesehen wird. Neu definiert wurde auch das Feindbild: Als Gegner sieht man nicht mehr nur die El Kaida-Organisation Osama bin Ladens, sondern den gesamten islamischen Extremismus an. Dabei werden als "vorrangige Feinde" extremistische Schiiten und Sunniten definiert, die den Islam für politische Zwecke mißbrauchen würden und Teil eines "globalen feindlichen Netzwerks" seien. Gut zwei Dutzend Terrorgruppen werden dabei als ernstzunehmende Gegner genannt - eine deutliche Abkehr von der Philosophie unmittelbar nach den Anschlägen des 11. September 2001, als man sich im Weißen Haus nahezu ausschließlich auf Osama bin Laden und die El Kaida-Führungsspitze konzentriert hatte. In der neuen Strategie werden dabei die US-Militär-Kommandeure beauftragt, weltweit insgesamt acht Zielpunkte ins Visier zu nehmen, um Terrorgruppen zu schwächen: Die ideologische Unterstützung der Gewalttäter, ihre Waffen, ihre finanziellen Mittel, die Kommunikationswege, Bewegungen, Aufenthaltsorte, Helfershelfer, den Zugang zu möglichen Attentatsobjekten und schließlich die Führung der Extremistengruppen. Während bisher nach der offiziellen Definition die Jagd nach prominenten Terror-Drahtziehern wie Osama bin Laden oder seinem Irak-Statthalter Abu Zarkawi im Vordergrund stand, sollen drei weitere Handlungsansätze einen größeren Stellenwert erhalten: Partner-Nationen im Kampf gegen die Bedrohung unter die Arme zu greifen, Unterstützer von Terrorgruppen attackieren und dem US-Außenministerium bei einer laufenden Kampagne helfen, mit der man den ideologischen Unterbau des Terrorismus zu Fall bringen möchte. Die letzte Kategorie enthält dabei auch Militärhilfe für nichtkriegerische Zwecke - wie beispielsweise die Tsunami-Hilfe amerikanischer Soldaten in Asien. Dies habe, so konstatiert man im Pentagon, für einen "dramatischen Meinungsumschwung" in der betroffenen Region gesorgt und ein positives Bild von Amerika gezeichnet. Gleichzeitig will man stärker als bisher die eigenen Truppen mit religiösen und kulturellen Empfindlichkeiten der islamischen Welt vertraut machen, um Konflikten bei Einsätzen vorzubeugen. Als wichtigster Punkt der neuen Strategie gilt eine "enthusiastische Umarmung" anderer Staaten - zumal die Sicherheitslage im Irak und die Herausforderungen in Afghanistan kaum weitere Militäreinsätze zulassen, die hauptsächlich von den USA getragen werden würden. Was bedeutet: Auch auf die Bundesregierung kommen vermutlich verstärkt amerikanische Forderungen in Richtung Antiterror-Hilfestellung zu.

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