Kopenhagen wird für Obama zur Herkulesaufgabe

Die ganze Welt wartet auf den "Heilsbringer" Barack Obama: Doch um die Delegationen zu einem gemeinsamen Klima-Abkommen zu bewegen, muss der US-Präsident nicht nur in Kopenhagen, sondern auch in Washington finden.

Washington. Alle Augen ruhen nun auf US-Präsident Barack Obama. Kann er heute in Kopenhagen in der Elefantenrunde der Staats- und Regierungschefs einen vor dem Scheitern stehenden Klima-Gipfel retten, der derzeit nur mit einer unverbindlichen Schlusserklärung und nicht einem ehrgeizigen Vertragswerk zu enden droht? Wieder einmal wird Obama auf der Weltbühne in die Rolle eines Hoffnungsträgers gedrängt, wieder einmal sind die Erwartungen kaum zu steigern. Doch bei diesem Showdown könnte es am Ende nur Verlierer geben.

Vergessen scheint bei den verbliebenen Optimisten, dass der US-Präsident und die Vertreter Asiens nach dem ASEAN-Gipfel im vergangenen Monat bereits einen Pessimismus an den Tag gelegt hatten, der sich nun zu bewahrheiten scheint: Man werde wohl kaum konkrete Übereinkünfte zur globalen Verringerung der Treibhausgase und damit ein Folgeabkommen für Kyoto vorlegen können. Deshalb wollte Obama ursprünglich Kopenhagen fernbleiben. Erst als in den USA immer lauter auch von Demokraten die Frage gestellt wurde, warum er es denn in die dänische Hauptstadt zu einer gescheiterten Olympiabewerbung Chicagos, nicht aber zum wohl wichtigsten Umwelt-Treffen dieses Jahrzehnts schaffe, reagierte das Weiße Haus - zunächst mit einem wie eine Pflichtübung anmutenden Termin zum Start der Kopenhagener Gespräche, dann schließlich mit einer neuerlichen Änderung der Reiseplanung. Das alles flößte nicht gerade Vertrauen in einen Durchbruch ein.

Obama gegen pokernde Chinesen



Zwar hat US-Außenministerin Hillary Clinton gestern mit der Nachricht, man werde sich am 100-Milliarden Dollar-Topf für Klimaschutz-Initiativen der Entwicklungsländer beteiligen, für einen Lichtblick in Kopenhagen gesorgt. Doch ungelöst bleibt weiter einer der Kernkonflikte: Kann Obama die offensichtlich pokernden Chinesen doch noch zu Zugeständnissen bewegen und damit auch eine der notwendigen Grundlagen dafür legen, zu Hause im Senat zumindest die Verabschiedung des dort feststeckenden Gesetzentwurfs durchzudrücken?

US-Senator John Kerry, mittlerweile einer der engsten Vertrauten Obamas auf dem Kapitol, brachte am Mittwoch das Klimaschutz-Dilemma auf den Punkt: Die Volksvertreter in den USA werden nur dann mitziehen, wenn sie davon überzeugt sind, dass Amerikas Handelspartner und geopolitische Konkurrenten China und Indien ebenso viel tun wie Washington.

Doch gerade die Vertreter Chinas haben sich zuletzt in Kopenhagen als konfrontativ erwiesen, eine größere Transparenz bei der Ermittlung der Schadstoffemissionen verweigert und mit Entwicklungsländern gegen den Westen revoltiert, um größere finanzielle Zugeständnisse herauszuholen. Auch gab es über 24 Stunden lang keine bilateralen Gespräche zwischen Peking und Wahington am Tagungsort, wie US-Medien berichteten. Nun soll Obama das drohende Fiasko in wenigen Stunden in einen Erfolg umwandeln - eine Herkulesaufgabe für einen Präsidenten, der einerseits ein Zeichen dafür setzen will, dass die acht Jahre lange umweltpolitische Stagnation der Ära Bush überwunden ist, doch andererseits vor politischen und wirtschaftlichen Realitäten in der Heimat steht, die in der Klimapolitik gewaltige Hürden darstellen.

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