Kreisverwaltungen weg

Ralf Bußmer, 42, ist seit Mai 2001 Bürgermeister der Stadt Wittlich. Als Kandidat von SPD und FDP setzte sich der damalige Polizeichef von Weimar überraschend gegen den langjährigen Amtsinhaber durch. Der bekennende Querdenker ist Amtschef in einer Kommune, die mit Stadt- und Verbandsgemeindeverwaltung gleich zwei Rathäuser beherbergt.

Seit 1991 beschäftige ich mich wissenschaftlich und praktisch mit der Frage der Organisationsentwicklung in der öffentlichen Verwaltung. Meine Visionen und erzielten Organisationsergebnisse basieren auf der Erkenntnis, dass auch in der öffentlichen Verwaltung weniger leistungsfähige Organisationen in evolutionären Prozessen durch leistungsfähigere Organisationen ersetzt werden. Nachdem die Ziele der Kommunalreformen der 60er und 70er Jahre verbraucht sind, ist dringender Handlungsbedarf gegeben! Bei jeder Organisation ist zu beachten, dass die Aufbauorganisation die Ablauforganisation, sprich die Zuständigkeiten, bestimmt. Für eine Organisationsentwicklung in Form einer Verwaltungs- und Gebietsreform bedeutet das konkret: Im derzeitigen kommunalen Behördenaufbau ist eine Verwaltungsebene aufzuheben, kleinräumige und ineffiziente Strukturen sind zu straffen. Eine der beiden Ebenen der Kommunalaufsicht ist entbehrlich . Für mich entsteht daraus folgende Vision einer effizienten, leistungsfähigen und flexiblen Kommunalverwaltungsstruktur Rheinland-Pfalz: 1. Aus dem verfassungsrechtlich garantierten Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltung Artikel 28 Grundgesetz ist die Selbstständigkeit der Ortsgemeinden zu erhalten und zu stärken. 2. Als mittlere Verwaltungsebene sind größere Verwaltungsgemeinschaften zwischen 35.000 und 50.000 Einwohnern zu bilden. Die flächendeckende Versorgung der neuen Verwaltungsbezirke ist mit modernen Bürgerservicebüros zu gewährleisten. 3. Als obere Verwaltungsebene fungiert die ADD, die wie bisher direkt dem Innenministerium untersteht. 4. Die Aufgaben der Kreisverwaltungen sind auf diese neu geschaffene mittlere Verwaltungsebene zu verlagern . 5. Alle kommunalaufsichtlichen Zuständigkeiten sind der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion zuzuordnen. Vorher sind diese Aufgaben streng auf Notwendigkeit und Ziele zu überprüfen. 6. Alle betriebswirtschaftlich sinnvoll zu führenden Bereiche von Wasser über Abwasser bis hin zu Müllabfuhr und Servicebetrieben sind auf organisatorisch selbstständige Eigenbetriebe zu verlagern, die der mittleren Verwaltungsebene zugewiesen wären; die Fusion bestehender Betriebe ist bereits im Vorfeld zielführend zu überprüfen. 7. Ergebnis: Nach meiner Auffassung ist die kommunale Verwaltungs- und Gebietsstruktur in Rheinland-Pfalz insbesondere im europäischen Vergleich unbestritten reformbedürftig , damit die Kommunen auch in Zukunft den Wettbewerbsbedingungen aller Ebenen standhalten können, denen wir in Zeiten des demographischen Wandels und der Globalisierung unterliegen. Eine Neugliederung der Strukturen der Länder der Bundesrepublik wird folgen, wenn der finanzielle Leidensdruck unauskömmlich sein wird.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort