Krieg gegen die Umwelt

Houston/Washington. Auf den Vorstands-Etagen der Unternehmen Cudd Well Control, Wild Well Control und Boots & Coots reibt man sich die Hände und hat längst eine Urlaubssperre verhängt. Denn für diese Firmen könnte sich die kaum noch abzuwendende Militäraktion gegen den Irak als lukrativer Glücksgriff entpuppen.

Die texanischen Firmen CuddWell Control, Wild Well Control und Boots & Coots haben sich darauf spezialisiert, brennende Ölfelder zu löschen. Das Pentagon rechnet offenbar fest damit, dass dies bald notwendig sein wird: Seit Monaten gibt es Kontakte zwischen den Löschfirmen und der Militärführung in Washington, die bei den Experten immer wieder um Rat nachsucht. Doch während nach den bisher an die Öffentlichkeit lancierten Kriegsplänen US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld zuversichtlich ist, mit einer ersten Welle von Elite-Einheiten und durch den massenhaften Abwurf von Propaganda-Flugblättern nicht nur den Einsatz von Massen-Vernichtungswaffen, sondern auch die Sprengung der 1500 irakischen Förder- und Verarbeitungsanlagen verhindern zu können, sehen Experten die Chancen für einen derartigen Erfolg pessimistischer. Zum einen haben nach bisher unveröffentlichten Informationen des Geheimdienstes CIA Saddam Husseins Soldaten bereits damit begonnen, Ölfelder und Förderanlagen zu verminen und für Sprengungen vorzubereiten, um einen Zugang für die Löschtrupps und eine "Ausbeutung" durch den mutmaßlichen Kriegs-Sieger zu erschweren. Zum anderen sind anders als während des ersten Golfkriegs 1991 die zahlreichen Ölanlagen im Irak wesentlich schwerer zugänglich als im flachen Kuwait, wo mehr als 700 brennende Ölquellen erst nach Monaten gelöscht werden konnten. Schon in Kuwait waren viele der Quellen mit Sprengfallen versehen worden. Und: Nur noch ein kleiner Teil jener Experten, die in der so genannten "Red Zone" 1991 zum Einsatz kamen, ist heute noch im Dienst. "Ein Großteil ist aufgrund von Gesundheitsschäden pensioniert", so ein Löschfachmann aus Houston. "Wir konnten für Wochen die Sonne nicht sehen"

"Es könnte eines der schlimmsten Öko-Desaster der Geschichte werden", fürchtet nun ein texanischer Ölquellen-Ingenieur und warnt vor giftigen Rauchwolken, die schon 1991 den Tag zur Nacht gemacht hatten und deren Substanzen Symptome ähnlich einer Blausäure-Vergiftung hervorrufen können. "Wir konnten für Wochen nicht die Sonne sehen", erinnert sich Mark Badick, Mitglied des internationalen Löschteams in Kuwait. Und er hat noch andere Probleme im Gedächtnis: Teilweise hätten Experten der Löschfirmen die Sprengfallen entschärfen müssen, weil die ursprünglich zugesagten Armee-Spezialisten der USA und aus Großbritannien an der Front zu beschäftigt gewesen seien. Doch Umweltschäden durch lange brennende Ölfeuer könnten nur die Spitze des Eisbergs einer ökologischen Katastrophe darstellen, wenn Saddam Hussein wie schon 1991 damit beginnt, Öl direkt in den Persischen Golf zu leiten. Damals ergossen sich aus kuwaitischen Anlagen rund zehn Millionen Gallonen Rohöl 20 Mal mehr als bei der verhängnisvollen Havarie des Tankers "Exxon Valdez" in Alaska freigesetzt wurde ins Meer. Rund 1300 Kilometer Küstenlinie in Kuwait und Saudi-Arabien wurden damals verschmutzt mit massiven Folgen für Mensch und Tier. Allein die Reinigungsarbeiten verschlangen fast eine Milliarde Euro. Und noch ein anderes Problem fürchten Öl-Experten wie Löschfachmann Leslie Skinner: "Wenn Saddam Hussein beginnt, seine gigantischen Ölreserven in Euphrat und Tigris zu leiten, können wir dieses Wasser für Löscharbeiten nicht mehr benutzen und uns brennenden Anlagen nicht nähern. Außerdem sorgen die Flüsse für einen großen Teil des Trinkwassers in der gesamten Region."

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