Kriegerische Rede für den Frieden

BERLIN. Klares "Nein" zum Krieg: Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat die deutsche Haltung in der Irak-Krise verteidigt und seine Überzeugung erneuert, dass ein Angriff auf Bagdad verhindert werden kann.

Es ist ein Kriegder Worte. Zwar müht sich Kanzler Gerhard Schröder am Donnerstagbei seiner Regierungserklärung zum Irak-Konflikt, den Staatsmannzu mimen und die verbalen Geschütze im Graben zu lassen. Doch amEnde seiner Rede schießt er doch noch scharf: "Es gibt auch inunserem Land eine Koalition der Willigen für einen Krieg. Nachden Erklärungen der jüngsten Zeit gehört die CDU/CSU dazu". Dassitzt. Die Unions-Fraktion verharrt ge- und betroffen in denSitzen, ihre Oberen stecken die Köpfe zusammen. Später wird sie Schröder entgegen schleudern, er solle "sich schämen, die Opposition als Kriegstreiber zu verleumden". Ausgerechnet er mit seinem dilettantischen Regierungsstil, der den Druck auf Saddam Hussein genommen und dadurch den Krieg "wahrscheinlicher" gemacht habe, spiele sich hier als Friedensfürst auf. Doch Merkel wird an diesem Tag nicht an die Wucht der Kanzlerworte heran kommen. Sie hält eine gute Rede, die auch brav beklatscht wird von ihren Kollegen. Aber sie hütet sich eben, in der entscheidenden Frage konkret zu werden: Ist die Union für einen Krieg gegen Irak und sollten, wenn der UN-Sicherheitsrat seinen Segen gibt, auch deutsche Soldaten an Euphrat und Tigris kämpfen?

Schröder hat sich diesmal gut vorbereitet. Dem Ernst des Themas angemessen, lässt er jede Flapsigkeit beiseite. Er trifft die richtige Tonlage und macht die Opposition damit "sprachlos". Still sitzen die Abgeordneten von CDU, CSU und FDP auf ihren Stühlen und wagen nur wenige Zwischenrufe. Was soll man auch meckern, wenn der Kanzler von der "Verantwortung für den Frieden" spricht, die "asymmetrische Bedrohung unserer Welt" beklagt, und die "Prinzipien von Freiheit, Frieden und Recht" hochhält. Auch gegen das "Beispiel, das mich bewegt", ist schlecht zu polemisieren: Nordkorea, das über Atomgewalt verfüge und die UN-Inspekteure rausgeschmissen habe, "dieses Land bekommt ein Angebot zum Dialog". Irak aber, das "definitiv" keine Atomanlagen und Trägerraketen besitze, werde mit Krieg bedroht. Unausgesprochen schwingt die Frage mit: Und das soll so in Ordnung sein? Nein und abermals nein: "Die vornehmste Aufgabe von Politik ist es, Krieg zu verhindern". Deshalb müssten die Inspekteure notfalls "jeden Stein zweimal umdrehen" im Irak, um eine friedliche Lösung zu erreichen. Für diesen "Mut zum Frieden" kämpfe er "leidenschaftlich", und damit stehe man auch nicht allein da, wie immer behauptet, was sich am (heutigen) Freitag im Sicherheitsrat auch zeigen werde. Die rot-grünen Abgeordneten sind gerührt und spenden stehend Beifall. Auch der Außenminister erhebt sich und schüttelt (zuvor abgesprochen) dem Chef die Hand. Schröder steigert das Pathos noch, indem er sich in Richtung SPD-Fraktion verneigt. Die Opposition leidet stumm vor sich hin.

Union vermeidet klare Festlegung

Angela Merkel stört die Andacht mit ihren Attacken, doch der Funke will nicht recht zünden. Weil sie weiß, dass die Bevölkerung mit großer Mehrheit dem Friedenskurs des Kanzlers zuneigt, mogelt sie sich am Kern des Problems vorbei. Zwar weist sie auf "Gewalt als letztes Mittel" hin, sagte aber nicht - was Außenminister Joschka Fischer später lautstark beklagt, ob sie wie US-Präsident Bush der Meinung ist, Saddam habe seine Chance bereits vertan. Dafür kritisiert sie den "Irrweg" des Kanzlers, der die Freundschaft zu den USA, die Nato und die Uno beschädigt habe und zudem der Beistandspflicht gegenüber der Türkei nicht nachgekommen sei. Das kommt gut an bei der Opposition - bei der aber nicht alle klatschen: Die Abgeordneten Peter Gauweiler, Willy Wimmer, Norbert Geis, Rainer Eppelmann und Henry Nitsche haben eine andere Sicht der Dinge. Eine, die sich an der Friedenslinie des Papstes und der Kirchen orientiert.

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