Kurt Beck soll ein Machtwort sprechen

BERLIN. Die bayerische SPD-Abgeordnete Heidi Wright (56) wirbt im Bundestag intensiv für ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen. Jetzt hat sie ihrem Partei-Vorsitzenden Kurt Beck einen offenen Brief geschrieben und ihn gebeten, sich "an die Spitze der längst überfälligen politischen Forderung zu stellen".

Treffen Sie Ihren Vorsitzenden so selten, dass Sie ihm Briefe schreiben müssen? Wright: Kurt Beck hat gesagt, dass er ein Tempolimit nicht von vornherein ablehnt. Mit meinem Brief hoffe ich, eine nur angelehnte Tür ganz öffnen zu können. Vielleicht startet Kurt Beck ja noch in dieser Legislaturperiode eine Initiative, um das durchzusetzen, vielleicht gibt sich auch die Kanzlerin einen Ruck. Die EU-Ratspräsidentschaft wäre ein guter Zeitpunkt. Denn alle europäischen Nachbarstaaten haben eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf den Autobahnen. Sie hatten ursprünglich einen Gruppenantrag im Bundestag vor. Woran ist er gescheitert? Wright: Die Koalitionsvereinbarung steht einem Tempolimit noch entgegen. Bei der SPD hätte ich eine Mehrheit für den Vorschlag, aber bei der Union sperrt man sich. Dort gab es einzelne, wie den Abgeordneten Josef Göppel, die mit mir gekämpft haben, aber insgesamt sind die Scheuklappen groß. Also muss ich zunächst weiter öffentlich werben. Es ist ähnlich wie beim Rauchverbot. Die Bereitschaft, die Geschwindigkeit zu reduzieren, ist sehr gewachsen. Es fehlt nur der letzte, mutige Schritt. Warum wollen Sie den Deutschen die letzten Freiheiten vermiesen? Wright: Das ist das beliebte Totschlag-Argument. Ich habe als Politikerin Verantwortung dafür, die Sicherheit der Bürger und ihre Lebensqualität zu verbessern. Und nicht nur für eine individuelle Freiheit, die einfach nicht mehr angesagt ist. Warum nicht?Wright: Aus Gründen der Verkehrssicherheit und aus Gründen des Umweltschutzes. Und es gibt noch ein weiteres Argument: Die demografische Entwicklung. Rund 50 Prozent der Autofahrer, meist ältere Menschen, sagen schon jetzt, dass sie nur ungern oder gar nicht mehr auf die Autobahn fahren. Weil es ihnen dort zu schnell und zu gefährlich ist. Die so genannte freie Fahrt für freie Bürger grenzt tatsächlich immer mehr Menschen aus. Warum soll man auf freier Strecke, zum Beispiel nachts, nicht schneller fahren dürfen? Wright: Wenn wir ein allgemeines Tempolimit haben, kann man durchaus überlegen, ob man für bestimmte Zeiten auf bestimmten Strecken Ausnahmen macht. In Österreich gibt es das. Welche Geschwindigkeit wollen Sie denn erlauben? Wright: Ich habe mit vielen Experten und auch Polizisten gesprochen. Tempo 130 ist eine Geschwindigkeit, die für einen ordentlichen Verkehrsfluss sorgt. Manche werden ihren Vorstoß als typische Bevormundung durch Politiker empfinden. Wright: Wir brauchen überall Regeln im Miteinander, insbesondere im Verkehrsbereich, wo so viele Menschen täglich unterwegs sind. Und diese Regel hätte sehr viele positive Wirkungen. j Das Gespräch führte unser Korrespondent Werner Kolhoff

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