Letzte Parkposition im Hochwald

HERMESKEIL/BONN. Vor 50 Jahren flog der damalige Bundeskanzler Konrad Adenauer nach Moskau und erwirkte dort nach zähen Verhandlungen im Kreml die Freilassung der letzten 10 000 deutschen Kriegsgefangenen. Vor 25 Jahren fand die historische Kanzler-Maschine der Marke Super Constellation, liebevoll "Super-Conny" genannt, im Flugzeugmuseum am Rande der Hunsrückhöhenstraße bei Hermeskeil-Abtei ihre wohl letzte Bleibe.

8. September 1955. Die viermotorige Propellermaschine der Marke Lockheed L 1049 G Super Constellation mit dem Kennzeichen D-ALIN ist startbereit. Der Uhrzeiger rückt auf 9.55 vor. Der Spätsommermorgen ist kühl und windig. Die Lufthansa-Sondermaschine rollt auf dem Flugplatz Köln-Wahn langsam zur Startbahn. 10 000 Kriegsgefangene kommen frei

Auf den prominentesten Passagier wartet am Zielort eine heikle diplomatische Mission. Bundeskanzler Konrad Adenauer ist auf seine Aufgabe gut vorbereitet. Eine knappe Stunde vor ihm ist die Maschine mit dem Außenminister Heinrich von Brentano und weiteren Delegationsmitgliedern in Wahn gestartet. Das Gros der deutschen Diplomaten hat schon einige Tage zuvor mit einem Sonderzug aus Bonn die Reise an die Moskwa angetreten; 62 Stunden dauerte die Bahnfahrt. Bundeskanzler Adenauer weiß, dass den Repräsentanten des Kriegsverlierers Deutschland beim Besuch im Kreml viel politische Kälte begegnen wird. Nach fünf Stunden und 2500 Flugkilometern landet die Lockheed auf dem Airport Wnukowo, gut 20 Kilometer vor den Toren der sowjetischen Hauptstadt. Auf Moskaus Zentralflughafen ist die Landebahn für die Super Constellation zu klein. Die Mission in Moskau ist erfolgreich: rund 10 000 deutsche Kriegsgefangene und viele verschleppte Deutsche werden zehn Jahre nach Kriegsende freigelassen. Große Freude bei den vielen Angehörigen. Die gute Botschaft wird von den Kreml-Herren nach anfänglichem Zögern verspätet dem heimgeflogenen Kanzler nachgeliefert. Die Stimmungslage an der Moskwa hatte sich zwischen gebotener Höflichkeit und diplomatischer Kälte seitens der Gastgeber bewegt, garniert mit Poltertönen des Parteisekretärs Nikita Chruschtschow und Garantiesprüchen des Ministerpräsidenten Bulganin für den Fortbestand der DDR. Der erste UdSSR-Flug des Kanzlers hat in der Historie der Bundesrepublik einen hohen Status erhalten. Auch die Maschine, die Konrad Adenauer an den Ort seines diplomatischen Hochseilaktes brachte und die seit 25 Jahren in unserer Region parkt. Sie wird im Volksmund "Super-Conny" genannt; der Name soll an die gute Tat des Kanzlers erinnern. Dessen Moskau-Trip war auch mit der zunächst noch zaghaften Andeutung der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen den vorherigen Kriegsgegnern gekoppelt. Die Lufthansa stellte Adenauer die Super Constellation für Langstreckenflüge zur Verfügung. Nach mehr als 15 000 Starts und Landungen und über zwölf Millionen Flugkilometern wurde die "fliegende Conny" 1964 für immer aus dem Luftraum auf den Boden geholt. Ein Winkel auf dem Flugplatz Hamburg-Fuhlsbüttel wurde ihr als Ruhestands-Bleibe zugewiesen. Später zeigte das Luftwaffen-Museum in Appen, 38 Kilometer von Hamburg entfernt, Interesse an dem guten Stück. Die Lufthansa war bereit, die Maschine für den Transport nach Appen zu zerlegen. Die Transportkosten in Höhe von satten 16 000 Mark indes sollte die Bundesluftwaffe übernehmen. Der Haken an der Sache: Das Verteidigungsministerium hatte für solche Fälle keine Mittel in seinem Etat. Die Leute von Fuhlsbüttel waren verärgert. Das war die Steilvorlage für Leo Junior, der in Hermeskeil ein Flugmuseum aufbaute. Er holte die geschichtsträchtige Maschine in den Hochwald (siehe nebenstehenden Bericht).

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