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Als "Elder Statesmen" pflegt man Politiker zu bezeichnen, die nach ihrem Ausscheiden aus einem hohen Staatsamt weiterhin in der Gesellschaft große Hochachtung genießen. Der Begriff ist hierzulande aus der Mode geraten.

Was vielleicht auch daran liegen mag, dass Persönlichkeiten, die diesem Format entsprechen, immer rarer werden. Die Hochachtung, die diesen Wenigen entgegengebracht wird, hat allerdings in den seltensten Fällen etwas mit gesellschaftspolitischem Einfluss zu tun. Eine der ganz wenigen Ausnahmen ist da der frühere Bundeskanzler Helmut Schmidt (von 1974 bis 1982). Als Herausgeber der Wochenzeitung "Die Zeit" verfügt er über ein publizistisches Instrument, mit dem er sich nach wie vor wirkungsvoll mit grundsätzlichen Anmerkungen zur jeweils aktuellen politischen Diskussion zu Wort melden kann. Helmut Kohl, seinem Nachfolger im Kanzleramt (von 1982 bis 1998), wird als "Vater der deutschen Einheit" zwar immer noch Wertschätzung zuteil, doch selbst in seiner eigenen Partei ist sein Rat inzwischen von vielen weder erwünscht noch geschätzt. Das gilt gleichermaßen auch für den früheren Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker (1984 bis 1994). Und dessen Amtsnachfolger Roman Herzog (1994 bis 1999) hat sich selbst gleich freiwillig weitgehend aus dem öffentlichen Diskurs zurückgezogen. Es ist übrigens ein weit verbreiteter Irrtum zu glauben, früher sei die Rolle der "Elder Statesmen" eine bedeutendere gewesen. Die Nachfolger waren in den seltensten Fällen an ihrem Rat interessiert.

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