Liebe Leserin, lieber Leser!

Das aus dem Jiddischen stammende Wort Chuzpe bedeutet laut Duden so viel wie Unverfrorenheit, unbekümmerte Dreistigkeit, Unverschämtheit. Oskar Lafontaine, der Chef der Linkspartei, ist nicht nur ein Meister der Demagogie (Duden-Übersetzung unter anderem: Volksverführung), er ist auch ein Meister der Chuzpe.

In einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" entdeckt er jetzt plötzlich seine Sympathie für Helmut Schmidt, den früheren Bundeskanzler und langjährigen Herausgeber der Wochenzeitung "Die Zeit". Lafontaine über ihn wörtlich: "Schmidt ist gegen die deutsche Beteiligung am Afghanistan-Krieg; er kritisiert den Raubtier-Kapitalismus. Um es zuzuspitzen: Helmut Schmidt ist heute auf dem linken Flügel der SPD angesiedelt. Wer hätte das gedacht?" Das nennt man Chuzpe! Denn genau über diesen Helmut Schmidt hatte derselbe Lafontaine Anfang der achtziger Jahre gehöhnt: "Helmut Schmidt spricht weiter von Pflichtgefühl, Berechenbarkeit, Machbarkeit, Standhaftigkeit. Das sind Sekundärtugenden. Ganz präzise gesagt: Damit kann man auch ein KZ betreiben."

Auch den früheren SPD-Kanzler Willy Brandt reklamiert Lafontaine für sich, indem er behauptet: "Wir vertreten im Gegensatz zur SPD die Friedenspolitik Willy Brandts." (Anmerkung: Lafontaine meint damit die Linkspartei). Dabei hatte sich der Ehrenvorsitzende der SPD noch zu Lebzeiten (er starb 1992) von seinem einstigen politischen Lieblingsenkel Lafontaine tief enttäuscht abgewandt wegen dessen ablehnender Haltung zur deutschen Einheit.

Oskar Lafontaine spekuliert offenkundig wieder einmal auf die Vergesslichkeit der Medien. Und vergisst darüber, dass manche Zeitzeugen von früher eben doch noch ein gutes Gedächtnis haben. Ein schönes Wochenende.

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