Linke will nicht mehr Beobachtungsobjekt sein

Auch im aktuellen Verfassungsschutzbericht spielt die Linkspartei/PDS wieder eine linksextremistische Rolle. Auf knapp 20 Seiten haben die "Schlapphüte" Informationen zusammengetragen, die angeblich mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung auf Kriegsfuß stehen.

Die Linksfraktion im Bundestag reichte deshalb jetzt beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eine Klage gegen die Bundesregierung ein. Die Regierung handele grundgesetzwidrig, wenn sie die Beobachtung nicht stoppe, meinte Fraktionschef Gregor Gysi gestern. Nachdem im Vorjahr Medienberichte über die Überwachung einzelner Landtagsabgeordneter aufgetaucht waren, verlangte die Linksfraktion bei der Bundesregierung genauere Auskunft über die geheimdienstlichen Aktivitäten. Von dort wurde ihr mitgeteilt, dass beim Bundesamt für Verfassungsschutz eine "Sachakte" über die Partei existiere, in der auch die Arbeit der Linksfraktion und ihrer Mitglieder erfasst sei. Die Regierung begründete dieses Vorgehen als rechtmäßig, weil die Linkspartei "tatsächliche Anhaltspunkte für linksextremistische Bestrebungen" biete. Nach Gysis Angaben werden nachweislich elf der 53 Fraktionsabgeordneten beobachtet, darunter auch Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau und der Co-Vorsitzende Oskar Lafontaine. Der ehemalige SPD-Chef sei aber erst observiert worden, als er auch in die PDS eintrat. Zuvor war der Saarländer nur Mitglied der WASG. Beide Gruppierungen hatten sich am vergangenen Wochenende zur Partei "Die Linke" vereinigt.

Im jüngsten Verfassungsschutzbericht heißt es, das programmatische Ziel der PDS sei "nach wie vor eine über die Grenzen der bestehenden Gesellschaft hinausweisende sozialistische Ordnung", so der Bericht. "Wir sind nicht linksextremistisch", betonte Gysi. Der Begriff vom Sozialismus finde sich auch im SPD-Programm wieder. "Wenn es keine Kraft links von der SPD geben kann, ohne dass sie vom Verfassungsschutz beobachtet wird, ist das ein Armutszeugnis für Deutschland", meinte Gysi.

Auch CDU und SPD halten eine Oberservierung der gesamten Partei für fehl am Platze. Das erklärten ihre innenpolitischen Experten, Wolfgang Bosbach und Dieter Wiefelspütz, übereinstimmend gegenüber unserer Zeitung.

Dagegen hatte Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) schon unmittelbar nach der Parteineugründung gefordert, die Linke weiter umfassend zu observieren, weil sie sich nicht von "alten kommunistischen Extremisten" trenne.

Politischer Rachefeldzug

Kommentar von Werner Kolhoff

Die Linkspartei/PDS kämpft um Mehrheiten für eine fundamental andere Politik, aber in Wahlkämpfen und nicht im Untergrund. Die politischen Ziele der Linken mögen verheerend sein für unser Land, sie sind aber legitim. Es ist nicht Aufgabe des Verfassungsschutzes, Hartz IV oder die Gesundheitsreform zu verteidigen. Es mag ein paar Gruppierungen in der Linkspartei geben, bei denen die Grenzen zur Radikalität fließender sind. Dann soll man die gezielt überwachen. Aber die gesamte Partei anzuprangern und sogar ihre frei gewählten Abgeordneten auszuspionieren, das geht zu weit. 17 Jahre nach der Wende trägt diese fortgesetzte Praxis Züge eines Missbrauchs staatlicher Institutionen für einen politischen Rachefeldzug. Der allerdings ist für die demokratische Grundordnung möglicherweise gefährlicher als jede Rede Oskar Lafontaines. nachrichten.red@volksfreund.de

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