Lob verleiht Flügel

Berlin. Am Mittwochmorgen im Kabinett erlebte Bundesforschungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) eine kleine Sternstunde ihres Schaffens. Vor wenigen Wochen noch als Favoritin für den Rauswurf bei einer möglichen Regierungsumbildung gehandelt, hieß esgestern: Weiter so, Edelgard.

Jawohl, kommentierten die lieben Kollegen bei der Vorstellung des neuesten "Bundesbericht Forschung", die Forschungsförderung in Deutschland sei "eine Erfolgsstory". Selbst Kanzler Gerhard Schröder klopfte seiner niedersächsischen Landsmännin eifrig auf die Schulter. So viel plötzliches Lob verleiht Flügel. Was hatte die Ministerin berichtet? Seit 1998 sei der Anteil der Ausgaben für Forschung und Entwicklung (FuE-Mittel) am Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 2,31 auf aktuell 2,52 Prozent gestiegen, vermeldete Bulmahn stolz. Insgesamt lagen laut Bericht, der alle vier Jahr aufgelegt wird, 2002 die Forschungsausgaben Deutschlands bei 53,3 Milliarden Euro. Die Wirtschaft trug mit 35,9 Milliarden Euro mehr als Zweidrittel dazu bei (ein Anstieg seit 1998 um 24 Prozent). Die Finanzspritzen von Bund und Ländern gingen dagegen 2002 erstmals wieder leicht auf 16,3 (2001: 16,7) Milliarden Euro zurück. Aber: Die Bundesregierung habe seit Amtsantritt eine Milliarde Euro drauf gelegt, und alle Ministerien zusammen berappten jetzt insgesamt neun Milliarden Euro für Forschung und Entwicklung. Nur Schweden und Finnland investierten in Europa mehr, weltweit lägen die USA und Japan noch vor Deutschland. Und überhaupt - alles spitze am Forschungsstandort Deutschland. Ganz so ist es natürlich nicht. Während die Koalition nämlich die Ausgaben erhöht hat, kürzen oder frieren die Länder ihre Mittel im Gegenzug ein. "Das ist im Ergebnis kein Gewinn", wusste Bulmahn gestern. Auch ihr Ziel, bis 2010 einen Anteil der FuE-Ausgaben von drei Prozent am Bruttoinlandsprodukt zu erreichen, gilt als "sehr ambitioniert", wie es heißt. Das würde bedeuten: zusätzliche Investitionen von zehn Milliarden Euro. Bund und Länder müssten allein 3,3 Milliarden Euro aufbringen - angesichts des erheblichen Konsolidierungsdrucks derzeit kaum vorstellbar. Deshalb hat sich die Ministerin ganz auf die Abschaffung der Eigenheimzulage eingeschossen - Schritt für Schritt würden dann 2008 sieben Milliarden Euro mehr für die Forschung zur Verfügung stehen. Die Ministerin will mit Finanzminister Hans Eichel (SPD) darum kämpfen, nach all den schönen Innovationsreden ihren derzeitigen 9,6-Milliarden-Euro-Haushalt für 2005 um 250 Millionen aufzustocken - und sie will festzurren, dass sie ein Jahr danach zusätzliche 250 Millionen Euro für ihren Wettbewerb um den Titel "Spitzenuni" bekommt. Dabei glaubt sie, besonders gute Karten bei dem bevorstehenden "Chefgespräch" zu haben. Denn der Kanzler will sich ja in 2004 wieder messen lassen: Diesmal an neuen Prioritäten für Wissenschaft, Bildung und Forschung.

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