Lokales Handeln für globale Verantwortung

Die Anklagen mancher Dritte-Welt-Gruppen gegen den G8-Gipfel klingen, als werde der afrikanische Hunger allein in Berlin, Brüssel oder New York gemacht. Das ist eine Vereinfachung, die wenig zur Lösung beiträgt. Wenn in Simbabwe, Sudan oder Somalia Menschen hungern, dann, weil Diktatoren oder marodierende Banden ihre Länder ruiniert haben. Korruption und Bürgerkriege sind in direkter Weise wohl für ebenso viele Hungernde verantwortlich wie die ungerechten Mechanismen der Weltmärkte es indirekt sind.

Berlin. Bei dem gestrigen Treffen mit den Repräsentanten Afrikas haben die führenden Wirtschaftsnationen das Thema der "guten Regierungsführung" deshalb zu Recht angesprochen und am Beispiel Simbabwe auch ein deutliches Zeichen der Verurteilung gesetzt.

Afrika muss Entwicklung auch zulassen

Es nützt nämlich nichts, die Entwicklungshilfe auf die vor drei Jahren beim Gipfel in Gleneagles versprochene Höhe zu steigern, wenn die Afrikanische Union nicht endlich bereit ist, auf ihrem Kontinent für Verhältnisse zu sorgen, die eine Entwicklung auch zulassen.

Und es nützt auch nichts, wie von Frankreichs Präsident Sarkozy vorgeschlagen, einfach europäische Überschüsse in die armen Länder zu verfrachten. Eine solche Hilfe, vor allem mit Saatgut, ist kurzfristig zwar notwendig. Mittel- und langfristig aber muss es darum gehen, eine stabile und ertragreichere Agrarproduktion in den betroffenen afrikanischen Ländern selbst in Gang zu bringen.

Darauf muss sich die Entwicklungshilfe viel mehr als bisher konzentrieren.

Gute Regierungsführung in den Industrieländern?

Was aber ist mit der "guten Regierungsführung" in den Industrieländern? Denn die steigenden Preise haben auch mit Mechanismen zu tun, für die sie die Hauptverantwortung tragen. Das gilt für die Spekulation, die die Teuerung anheizt. Sind die Industriestaaten bereit, die Spekulanten in die Schranken zu weisen, zum Beispiel durch eine Besteuerung von Spekulationsgeschäften und -gewinnen?

Das gilt für die weltweite Verknappung des Angebots durch die Konkurrenz des Biosprits. Er ist eine zutiefst zynische Antwort auf die Klimaprobleme. Erst sorgen die entwickelten Staaten mit jahrzehntelangem ungehemmtem CO{-2}-Ausstoß für die Klimaveränderung, die mancherorts schon direkt Hungersnöte verursacht, dann kaufen sie die Agrarmärkte leer, um die Tanks ihrer Autos zu füllen. Sind die Importnationen bereit, die Biospritproduktion streng an den Nachweis nachhaltiger Herstellung zu koppeln, diesen Ausweg aus der Energiekrise also teurer zu machen?

Verantwortlich für die steigenden Preise sind auch die Marktungleichgewichte. 40 Milliarden jährliche Subventionen für die EU-Bauern und die gleichzeitige Abschottung durch Importzölle in den USA wie in der EU bedeuten einen uneinholbaren Konkurrenzvorteil der Landwirtschaft des Nordens.

Sind die europäischen Regierungen, ist auch die deutsche Regierung bereit, ihre Bauern schneller als geplant vom Tropf der Subventionen zu nehmen, fairen Welthandel also zuzulassen?

Alles hängt mit allem zusammen

Ein Konglomerat gleichzeitiger Entwicklungen treibt die Nahrungsmittelpreise. Klimawandel, Energiekosten, unfairer Welthandel, Bevölkerungswachstum, politische Instabilitäten. Alles hängt mit allem zusammen. Die Antwort darauf heißt globale Verantwortung, aber lokales Handeln.

Jeder fange zuerst bei sich an, die Dinge zu verändern. Für viele Bauern und Verbraucher in Europa und in Nordamerika kann das schmerzhaft werden. Hunger aber ist unerträglich.

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