"Macht ein Krieg nicht alles schlimmer?"

BERLIN. Triers Bischof Reinhard Marx (49) hat sich erneut gegen einen Militärschlag gegen den Irak ausgesprochen. In der ARD-Sendung "Sabine Christansen" sagte Marx: "Noch sind nicht alle Möglichkeiten ausgereizt, Saddam Hussein in Schach zu halten."

 Großes Publikum: Den Trierer Bischof Reinhard Marx sahen bei "Christiansen" 4,5 Millionen Zuschauer.Foto: Friedemann Vetter

Großes Publikum: Den Trierer Bischof Reinhard Marx sahen bei "Christiansen" 4,5 Millionen Zuschauer.Foto: Friedemann Vetter

Einderart großes Auditorium hat selbst ein Bischof nicht jeden Tag:Mehr als 4,5 Millionen Fernsehzuschauer sahen am Sonntagabend die60-minütige Diskussions-Sendung "Sabine Christiansen". Mit aufdem Podium: Triers Kirchenoberhaupt Reinhard Marx. Per Fliegerkurz vor der Sendung nach Berlin gejettet, hatte Marx gegen dieBefürworter der harten amerikanischen Gangart im Irak-Konflikt,Bayerns CSU-Innenminister Günther Beckstein, Ex-Nato-GeneralKlaus Reinhardt und Wall-Street-Journal-Chefredakteur FrederickKempe, keinen leichten Stand - und mit BundestagspräsidentWolfgang Thierse (SPD) auch nur einen Mitstreiter. Beide betontenunisono immer wieder: Noch ist im Irak-Konflikt die Zeit füreinen Krieg nicht gekommen. Reinhard Marx, zu Christiansen eingeladen in seiner Funktion als Vorsitzender der Deutschen Kommission Justitia et Pax, die sich mit Gerechtigkeit, Friedens- und Menschenrechtsfragen beschäftigt, kritisierte, dass derzeit nur noch über Kriegsführung diskutiert werde: "Ich will diesen Halunken (Saddam Hussein) nicht in Schutz nehmen, aber dass seit Monaten nur noch über die militärische Karte geredet wird, ist doch eine Verarmung." Auch über die Folgen eines Krieges wird nach Ansicht von Marx zu wenig gesprochen. "Wird durch eine Gewaltanwendung nicht womöglich etwas viel Schlimmeres in Gang gebracht? Und wie viele Tote soll es kosten, Saddam Hussein zu beseitigen", fragte der Trierer Bischof in die Diskussionsrunde, ohne eine Antwort zu bekommen.

Dem Minister in die Parade gefahren

Dafür fuhr Marx dem bayerischen Innenminister Günther Beckstein in die Parade, als sich der Christsoziale für eine stärkere Unterstützung der Polizei durch Bundeswehrsoldaten einsetzte. "Die Aufgabentrennung in polizeiliche und militärische Maßnahmen ist schon ein Fortschritt, den man nicht leichtfertig aufgeben sollte", konterte der Trierer Bischof. Eine Vision hat Marx in Bezug auf das Verhältnis zwischen westlichen und islamischen Ländern: "Wir müssen wirklich versuchen, mit ihnen auf einer Augenhöhe zu reden. Ein Problem des Terrorismus ist doch, dass sich diese Länder vom Westen dominiert fühlen, auch wenn das objektiv vielleicht gar nicht berechtigt ist. Das große Ziel ist eine echte Partnerschaft mit den Ländern des Nahen Ostens. Das ist eine Grundvoraussetzung für Frieden in dieser Region."

Nicht nur in Sachen Irak-Konflikt ist Reinhard Marx in diesen Tagen ein gefragter Mann. Von Berlin aus fuhr der Trierer Bischof gestern mit dem Zug direkt ins Münsterland nach Beckum. Vor dem Arbeitgeberverband Nordwestdeutscher Zement- und Kalkwerke referierte er dort am Nachmittag zum Thema "Wie christlich ist die Marktwirtschaft?" Am heutigen Dienstag wird Marx wieder zurück in Trier erwartet.

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