Macron packt heißestes Eisen an

paris · Die französische Regierung hat die umstrittene Arbeitsrechtsreform auf den Weg gebracht. Das Projekt soll durch Verordnungen umgesetzt werden - und zwar schnell.

 Noch vor Jahresfrist sah der Protest in Frankreich gegen geplante Reformen des Arbeitsrechts so aus. Derzeit laufen eher konstruktive Gespräche zwischen den Verhandlungspartnern. foto: dpa

Noch vor Jahresfrist sah der Protest in Frankreich gegen geplante Reformen des Arbeitsrechts so aus. Derzeit laufen eher konstruktive Gespräche zwischen den Verhandlungspartnern. foto: dpa

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paris "Der Sommer ist nicht dazu da, das Arbeitsrecht zu zerstören", steht auf einem Plakat der französischen Kommunisten. Ein Arbeiter im Liegestuhl reckt darauf seine Faust in die Höhe, um seine Kampfbereitschaft zu signalisieren.
Das Pamphlet ist als Warnung an Arbeitsministerin Muriel Pénicaud zu verstehen, die am Mittwoch die umstrittene Reform des Arbeitsrechts auf den Weg brachte. Genau in der Sommerpause soll das bedeutendste Projekt von Präsident Emmanuel Macron mit den Sozialpartnern verhandelt und parallel dazu bereits im Parlament diskutiert werden. Die Zeit drängt, denn die Zahl der Arbeitslosen steigt weiter: 22 300 Arbeitslose mehr verzeichnete die Statistikbehörde im Mai. "Die schlechten Zahlen zeigen die Notwendigkeit einer Reform des Arbeitsrechts in Frankreich", kommentierte Regierungssprecher Christophe Castaner.
Mit Verordnungen will Macron die wichtigsten Maßnahmen umsetzen und so wochenlange Debatten in der Nationalversammlung vermeiden. Die Abgeordneten sollen nur zweimal abstimmen: einmal, um ihm per Gesetz die Verordnungen zu erlauben und dann, um allen "Ordonnances" im Paket zuzustimmen. "Das ist kein Blankoscheck", versichert Pénicaud. "Es wird eine Debatte in der Nationalversammlung und auch Änderungsanträge geben."
Nach Ansicht der früheren Personalchefin von Danone ist die Reform nötig, um den Veränderungen der vergangenen Jahrzehnte wie der Digitalisierung und der Heimarbeit am Computer Rechnung zu tragen. "Wir brauchen mehr Freiheit und mehr Sicherheit", forderte Pénicaud, die sich gegen Vorwürfe verteidigt, ihr Projekt diene ausschließlich den Unternehmern. Die sollen aber von den drei zentralen Maßnahmen profitieren: der geplanten Stärkung der Betriebsvereinbarungen, einer Zusammenlegung von Mitarbeitervertretungen und der Deckelung der Abfindungen bei Entlassungen.

Seit Mai verhandelt die Ministerin sowohl mit Arbeitgebervertretern als auch Gewerkschaften. "Die Gespräche sind auf einem guten Weg", sagte Jean-Claude Mailly von der Gewerkschaft FO der Zeitung Le Monde. Aus dem Mund des streiklustigen Gewerkschaftschefs ist das fast schon ein Kompliment an Pénicaud, die bis Ende Juli 48 Treffen mit den Sozialpartnern in ihrem Terminkalender hat.
Im vergangenen Jahr war Mailly noch gegen eine erste Reform von Arbeitsministerin Myriam el Khomri auf die Straße gegangen. Gemeinsam legten CGT und FO damals mit einer Blockade von Treibstofflagern Frankreich teilweise lahm. Der Gesetzentwurf wurde daraufhin abgespeckt und aus Angst vor einem Veto am Parlament vorbei verabschiedet.

Diesmal ist die kommunistische CGT bisher alleine mit ihrem Widerstand. "Das Arbeitsgesetz aufzuweichen bedeutet nicht, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen", kritisierte ihr schnauzbärtiger Chef Philippe Martinez beim ersten Gespräch mit Macron. Unterstützung bekommt die Gewerkschaft von der Bewegung La France Insoumise (das aufmüpfige Frankreich) des Linksaußen Jean-Luc Mélenchon.
Auch die Bevölkerung sieht das zentrale Projekt ihres Präsidenten mit gemischten Gefühlen: Nur 44 Prozent sind laut einer Ende Mai veröffentlichten Umfrage für eine tiefgreifende Reform des "Code de Travail". 50 Prozent wollen einige Punkte verändern, nicht das ganze 3000 Seiten dicke Werk.
Wie stark der Widerstand gegen Macrons zentrales Wahlversprechen ist, wird sich am 12. September zeigen: Da hat die CGT ihren ersten Aktionstag angekündigt.

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