Mähdrescher-Taktik

Berlin. Der deutschen Wirtschaft liegt das Ergebnis der Bundestagswahl schwer im Magen. Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt und der Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, gingen gestern vor die Presse, um weitere Reformen zu fordern.

Nun ist es kein Geheimnis, dass die Vertreter der Wirtschaft inständig einen Wechsel hin zu einer bürgerlichen Regierung mit Union und FDP erhofft hatten. Noch drei Tage nach der Wahl war Hundt das Entsetzen darüber anzumerken, dass die Bürger stattdessen dem linken Lager eine Mehrheit beschert haben. Hundt, der vor der Wahl von einer großen Koalition nichts wissen wollte, mochte nach der Wahl keine Koalitionsempfehlung abgeben. Dafür präsentierte er seine (bekannten) Forderungen, die er mit Warnungen anreicherte: Sollte die neue Bundesregierung nicht weiter reformieren, seien in der Wirtschaft "Kosten- und Anpassungsmaßnahmen unumgänglich". Auf deutsch: Dann geht der Arbeitsplatzabbau weiter. Mit Pathos in der Stimme wies Hundt auf den Ernst der Lage hin: "Meine Damen und Herren, die wirtschaftliche Situation ist Besorgnis erregend". Das verdeutlichten die Stichworte Rekordarbeitslosigkeit, Rekordstaatsverschuldung, überbordende Bürokratie, Dauerüberforderung der Sozialsysteme. Abzutragen sei der Problemberg nur mit einer "neuen Politik". Allerdings sind die Rezepte dazu nicht neu: Abbau der Subventionen ("nicht mit dem Rasenmäher, sondern mit dem Mähdrescher"), eine große Steuerreform mit Senkung der Unternehmenssteuern, Senkung der Lohnnebenkosten, Fortführung der "Agenda 2010", Anhebung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre, Vereinfachung des Arbeitsrechts. In die gleiche Kerbe hieb Hüther vom Kölner IW, der in Berlin seine "Vision Deutschland - was jetzt zu tun ist" vorstellte. Nur mit einem "konsequenten Modernisierungskurs" könne die Misere behoben werden. Man müsse den Menschen sagen, dass sich Reformen "in barer Münze" auszahlen würden. Hüther geht sogar noch weiter als Hundt: Das IW will die Arbeitslosenversicherung um ein Prozent senken und den Solidaritätszuschlag komplett abschaffen. Im Gegenzug müsse die Mehrwertsteuer um zwei Punkte angehoben werden. Flankiert werden sollen die Maßnahmen mit einer Aufweichung des Kündigungsschutzes: Zeitlich befristete Arbeitsverträge müssten generell ermöglicht werden. Weitere Forderungen des IW: Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes soll für alle nur noch maximal zwölf Monate betragen. Der Zuschlag für "Alg II" soll gestrichen und die zahnmedizinische Versorgung aus dem Leistungskatalog heraus genommen werden.

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