Mehr als der Lotto-Jackpot

Bundespräsident Horst Köhler sieht eine Entfremdung zwischen Unternehmen und Gesellschaft. Er mahnt, Manager dürften angesichts immenser Gehälter nicht die Bodenhaftung verlieren und warb für eine "Kultur der Mäßigung".

Berlin. Die Aufregung ist immer dann groß, wenn wieder öffentlich gemacht wird, in welche fantastischen Gehaltshöhen Deutschlands Top-Manager vorstoßen. Diesmal ist Porsche der Auslöser: Der sechsköpfige Vorstand des Autoherstellers hat im vergangenen Geschäftsjahr 112 Millionen Euro verdient. Im Jahr davor waren es vergleichsweise schlappe 45,2 Millionen Euro. Immer noch mehr als der derzeitige Lotto-Jackpot. Nun wird politisch gezetert, das ist nicht neu. Neu ist hingegen, wer sich diesmal an der Debatte beteiligt: Kein geringerer als Bundespräsident Horst Köhler. Das präsidiale Machtwort wird in Berlin gern gehört - ausnahmsweise. "Ich sehe eine Entfremdung zwischen Unternehmen und Gesellschaft", sagte der Präsident dem "Handelsblatt". Aufsichtsräte und Aktionäre hätten dafür zu sorgen, "dass Manager in ihren Einkommensvorstellungen nicht die Bodenhaftung verlieren." Köhler warb für eine "Kultur der Mäßigung". Dafür gab es Zustimmung von fast allen Seiten. Köhler hat präsidial ausgesprochen, was die breite Masse denkt: Der Club der Millionäre langt wieder ordentlich zu, während der Rest vom Aufschwung nicht profitiert. Teure Lebensmittel, höhere Mehrwertsteuer, geringere Lohnerhöhung für viele Arbeitnehmer bleibt in diesem Jahr weniger vom Geld übrig, sagen Wirtschaftsexperten. "Schamlos", heißt es aus den Reihen der Großen Koalition, sei da die Mentalität der Konzernspitzen. Zugleich haben in der Vergangenheit die Millionen-Abfindungen für deutsche Top-Manager immer wieder für heftige Kritik gesorgt. Diesbezüglich will die Koalition dem Vernehmen nach im kommenden Jahr tätig werden. Porsche hat jedenfalls erneut Schwung in die Debatte gebracht, ob Managergehälter nicht gedeckelt werden müssen. Das wäre der zweite Schritt, der erste ist die Offenlegung der Spitzeneinkommen gewesen. Vor zwei Jahren war den Vorständen von Deutschlands börsennotierten Aktiengesellschaften gesetzlich vorgeschrieben worden, künftig ihr genaues Jahresgehalt zu nennen. Betroffen sind rund tausend Unternehmen. Eine freiwillige Offenlegung war am Widerstand von Konzernen wie BMW, Daimler-Chrysler und Porsche gescheitert. Jetzt geht es um die gesetzliche Begrenzung von Managergehältern: Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble sowie die Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg und des Saarlandes, Günther Oettinger und Peter Müller (alle CDU), sind dafür. Wenn einige Unternehmen sich nicht an den freiwilligen Kodex der deutschen Wirtschaft zur Mäßigung aus dem Jahr 2003 halten wollten und ihre Vorbildfunktion missachteten, "dann muss der Staat eben tätig werden", so Schäuble. Diese Überlegung war auch Thema auf dem SPD-Parteitag im Oktober. Doch Höchstgrenzen stoßen insbesondere beim Wirtschaftsflügel der Union auf Protest, der um die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes fürchtet. Und selbst DGB-Chef Michael Sommer plädiert eher für freiwillige Obergrenzen. Gegen gesetzliche Regelungen ist auch CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla., obwohl sich die Manager in einer Weise bedienten, "die nicht akzeptabel ist". Pofalla sagt meist das, was Kanzlerin Angela Merkel denkt. Somit dürfte es vorerst bei Empörung und Appellen bleiben.

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