Mehr als perfekte Betreuung

Vor einiger Zeit besuchte ich in Trier ein einjähriges Seminar zur Begleitung von Schwerstkranken oder sterbenden Menschen und deren Angehörigen. Thema war zunächst, bei jedem Einzelnen von uns die Fähigkeit für ein wirkliches Begleiten zu wecken und zu fördern, dabei auch unsere eigenen Unsicherheiten zu erkennen und aufzuarbeiten.Später gab es im direkten Dialog mit Vertretern der medizinischen, pflegerischen und seelsorgerischen Begleitung Wissenswertes und Fachspezifisches aus erster Hand. Meine ersten praktischen Erfahrungen erhielt ich danach im St.-Franziskus-Krankenhaus bei Schwester Mathia, der Krankenhausseelsorgerin.Auf meiner Fahrt dorthin immer wieder die Frage: Werde ich nun finden, was ich suche, erwarte, mir vorstelle? Der Empfang war herzlich, Schwester Mathia bat mich in ihr Büro. Auf dem Weg dorthin wusste ich gar nicht, wohin ich zuerst schauen sollte. Viele Kranke und Besucher auf den Gängen, offene Krankenzimmer waren ebenso wenig zu übersehen wie ein Raum für all die Apparate, die Flaschen und Kästen, die für die medizinische Versorgung notwendig sind. Ärzte, Schwestern und Helfer eilten an uns vorbei, Medizinflaschen oder Verbandsmull in der Hand. Dennoch nahm man sich Zeit für eine freundliche Vorstellungsrunde. Wir gingen gemeinsam zu Schwerstkranken und Sterbenden. Ich fühlte mich zwar immer noch sehr ängstlich und hilflos, aber doch schon ein bisschen einsatzbereiter als vorher. Plötzlich allein gelassen, lief ich im Krankenzimmer bei einer Schwerstkranken auf und ab mit der Frage: Muss ich jetzt warten, bis alles vorbei ist - ist das Sterbebegleitung? Ich wollte nur eins: hier stillhalten und die Geduld, vor allem mit mir selbst, nicht verlieren. Wie viel Leid, wie viel Trauer, welcher Grenzerfahrung stand ich plötzlich gegenüber! Und Menschen so an der Grenze ihrer Kraft und Leidensfähigkeit hautnah kennen zu lernen, verunsicherte mich sehr in der Frage, ob ich selbst ausreichend Kraft für dieses Ehrenamt mitbringen würde.So haben mir nicht nur das 10-tägige Praktikum, sondern auch meine dann folgenden Erfahrungen in meiner Arbeit als Hospizhelferin sehr eindrucksvoll vermittelt, dass Sorge um die Kranken und Sterbenden mehr ist als perfekte medizinische und pflegerische Betreuung und Versorgung. Dazu gehört noch ein weiteres wichtiges Heilmittel: Unsere Liebe zum Nächsten imBemühen um grenzenlose Geduld, tiefes Einfühlungsvermögen sowie die Bereitschaft, mit zu leiden mit einem Kranken und auch wegen eines Kranken. Franziska Meyer-Heck, Gerolstein

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