Mensch bleiben zwischen 40-Tonnern

HETZERATH. Ständig unterwegs sind die Beamten des Bundesamts für Güterverkehr. Sie kontrollieren den LKW-Verkehr und achten darauf, dass die Fahrer zu ihren Ruhepausen kommen.

24,5 Stunden auf dem Bock, ohne dass zwischendurch die vorgeschriebene Ruhepause eingehalten wurde? "Der Chef will das so", sagt der Fahrer eines LKW, den die Beamten des Bundesamts für Güterverkehr (BAG) an diesem kalten Morgen auf den Autobahn-Parkplatz bei Hetzerath rauswinken. Und weil der Chef will, dass die geladene Ware in möglichst kurzer Zeit über Luxemburg nach Sachsen transportiert wird, bezahlt er auch die Strafe in Höhe von 1400 Euro.Dass der Spediteur die Strafe zahlt, wissen die Beamten. "Das ist gängige Praxis", sagt Oberkontrolleur Josef Ecker. "Wir stellen die Verstöße nur fest. Abstellen können wir sie nicht." Ecker sagt dies ganz ohne deprimierten Unterton. Bei den Kontrollen des Güterverkehrs wird man ganz schnell Realist.Für Ecker und seine acht Kollegen ist die Kontrolle in Hetzerath Tagesgeschäft. Routiniert gehen sie die einzelnen Punkte durch, die ein Lastwagen-Fahrer zu beachten hat. Ständiger Beanstandungsgrund ist neben den Lenkzeiten die Ladung. "Oft werden die LKW nachlässig beladen oder überladen", sagt der Oberkontrolleur. Bei einem Unfall kann schlecht gesichertes Transportgut Fahrer und andere Verkehrsteilnehmer gefährden. Zielsicher fischen deshalb die Kontrolleure vor dem Parkplatz auch Kleintransporter und Lastwagen heraus, die nur regional unterwegs sind. Bei kurzen Strecken scheinen viele Transporteure zu glauben, auf richtiges Festzurren verzichten zu können.Zu zweit stehen die BAG-Beamten an der Einfahrt und winken die Brummis Richtung Haltebucht. "Nach einer halbe Stunden werden die Kollegen abgelöst", sagt Eckert. Dann brauchen sie eine kleine Verschnaufspause. Zu schnell rauscht der Verkehr an den Beamten vorbei. Rücksicht auf die Menschen am Straßenrand nimmt keiner.Schon rollt der nächste 40-Tonner auf den Parkplatz. "Die technischen Mängel sind seltener geworden", sagt Ecker, während er zum Fahrerhaus des Lasters geht. "Die Spediteure können sich Pannen nicht leisten." Zeit ist Geld. Und in Zeiten von "just in time" bedeutet ein Motorschaden auch finanziellen Schaden.Manche Fahrer versuchen es immer wieder

Transportgenehmigungen, Ladepapiere und Tachoscheiben: Wenn diese Papiere stimmen, muss nur noch mit der Ladung alles in Ordnung sein, und schon kann der Fahrer seinem Ziel wieder entgegen hetzen. "Seit es elektronische Fahrtenschreiber gibt, sind Manipulationen der Tachoscheiben seltener geworden", sagt Ecker, der seit 30 Jahren im Geschäft ist. Doch manche Fahrer versucht es immer wieder. So hat der Fahrer eines deutschen LKW mit Eisenplatten die Scheibe aus dem Gerät genommen und ist noch 15 Kilometer gefahren. Konsequenz: eine Verwarnung.Teurer wird es hingegen für den Trucker, der 24,5 Stunden unterwegs war. Ihm fehlt ein Nachweis, dass er gekühlte Lebensmittel transportieren darf. Die Beamten des BAG informieren die Lebensmittelkontrolle am Bestimmungsort in Sachsen. "500 Euro sind mindestens fällig", sagt einer der Beamten.So richtig dicke Fische wollen den Kontrolleuren an diesem Tag nicht ins Netz gehen. Dennoch ist man auf alle Eventualitäten eingerichtet. Eine mobile Waage ist bei den Kontrollen immer mit dabei. Und rausreden kann sich der Brummi-Fahrer auch nicht. In mehr als 20 Sprachen können sich die Beamten verständlich machen. Ein Heft mit allen wichtigen Fragen hilft, wenn das Deutsch, Französisch oder Spanisch der Beamten versagt. Notfalls haben die Kontrolleure Tafeln im Gepäck, auf denen die Dinge abgebildet sind, die der Trucker mitzuführen hat.Bei einem französischen Fahrer eines belgischen LKW, der aus Frankreich kommt und nach Brunsbüttel will, braucht Ecker die Tafeln nicht. Er spricht fließend Französisch. Nach gut einer Viertelstunde darf der Franzose weiter Richtung Koblenz fahren. Vorher hat ihn Josef Ecker noch gelobt, weil die Ladung ordnungsgemäß verstaut ist. "Wir behandeln die Fahrer als Menschen und loben sie, wenn alles in Ordnung ist", sagt der Oberkontrolleur.Mensch sein und Mensch bleiben ist für ihn und seine acht Kollegen in Hetzerath sehr wichtig. Manchmal ist die Not der Brummi-Fahrer so groß, dass sie von sich aus in die Kontrolle fahren, damit die Beamten ihnen eine Ruhepause verordnen."Bei den meisten LKW ist alles in Ordnung", sagt Ecker. Die Beanstandungsrate liegt bei rund 22 Prozent, bei Gefahrgut-Transporten bei rund zwölf Prozent. Und auch die Mär vom rasenden Brummi hört er gar nicht gerne. Technisch sei es nahezu unmöglich, dass die 40-Tonner 100 Stundenkilometer fahren, sagt Ecker. "Vielleicht", meint er, "wäre es ganz gut, wenn jeder Fahrschüler ein oder zwei Stunden im LKW fahren würde." Dann gebe es weniger Probleme auf der Straßen zwischen LKW und PKW.Dieses Problem werden er und seine Kollegen aber nicht abstellen können. Und so geht nach vier Stunden die Kontrolle in Hetzerath zu Ende. Doch kontrolliert wird weiter. Die Männer mit den unscheinbaren weißen Transportern mit dem blauen Schriftzug BAG schwärmen nun aus. Sie werden im Verkehr mitschwimmen und sich einzelne LKW aus dem fließenden Verkehr herausfischen. Vielleicht geht ihnen dabei ein Trucker ins Netz, der noch länger als 24,5 Stunden ohne ausreichende Pause unterwegs war. Und auch der wird einen Chef haben, der die Verletzung der Ruhezeiten anordnet und die fällige Strafe übernimmt.

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