Merkels schwarzer Tag

BERLIN. Angela Merkel bleibt nichts erspart. Nach der Bayern-Schwester CSU, die unentwegt das Gesundheitsmodell der CDU schlecht redet, nach dem schnöden Abgang des Finanzexperten Friedrich Merz, und nach den Intrigen-Gerüchten des Wochenendes nun auch noch der Korb ihres Vorgängers Wolfgang Schäuble. Er hat kein Interesse an der Merz-Rolle.

Freundlich, aber klar im Ton hat Schäuble, in der Fraktion zuständig für die Außenpolitik, der Vorsitzenden am Sonntag Abend eine Absage erteilt. Am Montagmorgen versuchte es Merkel zwar erneut, doch ihr Werben blieb vergeblich: Schäuble wollte lieber weiter Außenpolitik machen. Mit erkältungsbedingt krächzender Stimme ("aber die Stimmung ist gut!") leitete Merkel am Montag die Präsidiumssitzung. Dem Vernehmen nach blieb es relativ ruhig in dem Führungsgremium.Angebliche Intrige "kein Thema"

Man hörte sich Schäubles Argumente an, äußerte ein paar Missbilligungen über die Komplott-Theorie des thüringischen Ministerpräsidenten Dieter Althaus, und war sich einig, dass die angebliche Intrige westdeutscher Provinzfürsten gegen die ostdeutsche Parteivorsitzende "kein Thema" sei, über das sich weiter zu reden lohne. Es hätte auch wenig Sinn gemacht: Parteigrößen wie Roland Koch, Peter Müller, Jürgen Rüttgers, Christoph Böhr und auch Dieter Althaus waren gar nicht anwesend. Gleichwohl gaben der Niedersachse Christian Wulff und der Hamburger Ole von Beust leicht verärgert zu Protokoll, was sie von dem kolportierten Gerücht hielten: "Dummes Zeug". Wulff tadelte Althaus, der doch einsehen müsse, dass solche Spekulationen nicht weiter helfen würden. Zufrieden vernahm Merkel auch den Hinweis des CDA-Vorsitzenden Hermann Josef Arentz, der eine Trotzreaktion voraussah und für den Parteitag im Dezember für Merkel "ein besseres Ergebnis als erwartet" prophezeite. Der Versuch der Vorsitzenden, vor der versammelten Bundespresse gute Miene zum bösen Spiel zu machen, sollte indes nicht gelingen. Merkel wirkte angestrengt, als sie die "freundschaftliche Atmosphäre" der (drei) Gespräche mit Schäuble hervor hob, dessen "Freude" und "Dank für die Ehre" referierte, und schließlich noch behauptete, "nicht enttäuscht" zu sein über den Korb jenes Mannes, den sie selbst mehrfach enttäuscht hatte. Zuletzt im Rahmen des taktisch raffinierten Spiels, den Namen ihres Vorgängers in der Frage der Bundespräsidenten-Kandidatur monatelang warm zu halten, um ihn am Ende eiskalt gegen ihren Favoriten Horst Köhler auszutauschen. Das hat Schäuble natürlich nicht vergessen, auch wenn er am Montag beteuerte, keineswegs aus Verbitterung abgesagt zu haben. Auch bezüglich der Intrigen-Frage vermied es Merkel tunlichst, auf das Thema näher einzugehen. Es sei doch "überhaupt nichts passiert", sagte sie mit Unschuldsmiene.Zwei Nachfolger für Merz

Dabei kursieren in CDU-Kreisen durchaus auch Gerüchte, womöglich habe Merkel "vorher" mit ihrem Parteifreund Althaus gesprochen. Außer dem ostdeutschen Kollegen Eckardt Rehberg (aus Merkels Landesverband Mecklenburg-Vorpommern) vermochte jedenfalls niemand der Komplott-Theorie etwas abzugewinnen. Wie Merkel selbst dazu steht, wollte sie nicht verraten. "Ich fühle mich unterstützt", sagte sie ebenso zögernd wie knapp auf die Frage, ob sie sich der Rückendeckung ihrer westdeutschen Landesvorsitzenden sicher sei. Auch das Wort "Krise" wollte sie nicht in den Mund nehmen. Die Interpretation der CDU-Lage überlasse sie den Medien, meinte die Parteivorsitzende süßsauer. Immerhin konnte sie am Nachmittag gleich zwei Nachfolger für Merz präsentieren: Ronald Pofalla, Justitiar der Fraktion, soll die Wirtschaftspolitik übernehmen, Michael Meister, bisher schon finanzpolitischer Sprecher, die Verantwortung für Finanzpolitik.

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