Milliarden für Hartz IV

TRIER/WITTLICH/BITBURG/DAUN. Die Kommunen sollen durch die Hartz-IV-Reform um 2,5 Milliarden Euro pro Jahr entlastet werden – diese Ankündigung von Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) hat sich bisher nicht bestätigt. Im Gegenteil: Bisher kostet Hartz IV die Städte und Kreise zusätzliche Beträge in Millionenhöhe.

 Tasche leer: Auch Städte und Kreisverwaltungen in der Region Trier klagen über zusätzliche Ausgaben durch die Sozialreform Hartz IV.Foto: Andreas Feichtner

Tasche leer: Auch Städte und Kreisverwaltungen in der Region Trier klagen über zusätzliche Ausgaben durch die Sozialreform Hartz IV.Foto: Andreas Feichtner

Der Deutsche Städtetag befürchtet, Hartz IV werde die kommunalen Schuldenberge um bis zu fünf Milliarden Euro erhöhen. Diese Ängste werden zusätzlich durch die Pläne des Bundes geschürt: Dieser will seine vereinbarte Beteiligung an den kommunalen Kosten der Unterkunft von 29,1 Prozent, das wären 3,2 Milliarden Euro für das Jahr 2005, um bis zu 4,5 Prozent senken. "Die Grundlage dieser Verteilung ist eine voreilige Hochrechnung des Bundes auf höchst unsicherer Zahlenbasis", sagt Hans Jörg Duppré, Präsident des Deutschen Landkreistags. "Eine aussagekräftige Revision erfordert zuverlässiges Zahlenmaterial, das erst nach und nach vorliegen wird." Der Landkreistag will im Oktober eine neue Bilanz aufmachen. "Eine Anpassung der Bundesbeteiligung könnte dann zum Jahresbeginn 2006 greifen", so Duppré. Steigende Fallzahlen und Unterkunftskosten, die wesentlich höher sind als erwartet, machen den Städten und Kreisen in der Region zu schaffen. Allein die Stadt Trier rechnet momentan mit zusätzlichen Kosten in Höhe von 2,1 Millionen Euro – eine Summe, die wahrscheinlich noch weiter steigen wird. "6545 Betroffene in 3584 Bedarfsgemeinschaften beziehen mittlerweile Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende", sagt Triers Sozialdezernent Georg Bernarding. "Wir rechnen damit, dass die Zahl der Bedarfsgemeinschaften um weitere 400 steigen wird." Das würde die Stadt Trier weitere 1,3 Millionen Euro kosten. Emotionale Achterbahnfahrt

Auch im Landkreis Trier-Saarburg steigen die Zahlen schnell. Im Januar betreute die Arbeitsgemeinschaft (Arge) des Kreises und der Agentur für Arbeit noch 1996 Bedarfsgemeinschaften, heute sind es 2250. "Die Leute laufen in Scharen zum Arbeitslosengeld II über", meldet Landrat Richard Groß. Er rechnet mit zusätzlichen Kosten in Höhe von 650 000 Euro. Der Kreis Bitburg-Prüm hat eine emotionale Achterbahnfahrt hinter sich. Im Haushalt 2005 stehen bereits 800 000 Euro als festes Hartz-IV-Minus. "Als die Umsetzung im Januar begann, glaubte man noch, Hartz IV könne ohne Verluste null zu null umgesetzt werden", meldet Pressesprecher Rudolf Müller. Doch diese Ansicht hielt sich nicht lange: "Mittlerweile rechnen wir mit zusätzlichen Kosten in Höhe von 500 000 Euro", sagt Müller. Und wieder taucht dieselbe Begründung auf: Fallzahlen und Kosten der Unterkunft sind wesentlich höher als erwartet. Auch im Landkreis Bernkastel-Wittlich sieht es nicht besser aus. Landrätin Beate Läsch-Weber rechnete bereits in ihrer Haushaltsrede vom Dezember 2004 mit Mehrbelastungen in Höhe von 440 000 Euro. "Mittlerweile gehen wir davon aus, dass die Summe noch höher ausfallen wird", sagt Hans-Georg Simon, Geschäftsführer der Arge. Statt der erwarteten 1700 hatte man es bereits im März mit 2300 Bedarfsgemeinschaften zu tun. Der Landkreis Daun ist eine von zwei Optionskommunen in Rheinland-Pfalz, die Hartz IV in Eigenregie regeln. Das Jobcenter sei "unter dem großen Strich positiv und zuversichtlich gestartet", meldet Pressesprecher Heinz-Peter Hoffmann. "Nach den ersten Monaten können wir sagen, dass sich unsere Ausgaben in etwa auf dem Niveau der früheren Sozialhilfe-Aufwendungen befinden." Da der Verfahrensübergang von der Bundesagentur auf das Jobcenter noch nicht abgeschlossen ist, "sind zurzeit leider konkretere Aussagen nicht möglich".

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