Milliardenzusagen, aber kein Konzept

BERLIN. Der Berliner Energiegipfel hat keine Bewegung in den koalitionsinternen Streit um eine Verlängerung der Atomkraft gebracht. Die CDU hofft zwar noch auf ein Umschwenken der SPD zu längeren Laufzeiten. Dies wies Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) aber umgehend zurück.

Das gewaltige Feuerwerk, das am Montagabend über dem Brandenburger Tor abgebrannt wurde, war nicht den Ergebnissen des gerade beendeten Energiegipfels bei Angela Merkel gewidmet. Der internationale Verband der Feuerwerker feierte sich am Rande einer Tagung nur standesgemäß selbst. Als unpassend dürfte die Kanzlerin die zufällige Umrahmung ihres Treffens mit 26 Konzernvorständen, Energieexperten und Verbrauchervertretern aber nicht empfunden haben. Der Gipfel verlief höchst harmonisch und endete mit der Ankündigung der Energiewirtschaft, bis 2012 über 70 Milliarden Euro in neue Anlagen zu investieren. Gute Nachrichten für Angela Merkel

Beim gediegenen Abendessen am runden Tisch im Europasaal des Kanzleramtes kündigte RWE-Vorstandschef Harry Roels für die großen Energiekonzerne an, dass diese in den nächsten Jahren 26 Milliarden ausgeben wollen, davon 13 Milliarden in die Netze, elf Milliarden in neue Kraftwerke und zwei Milliarden in den Bergbau. Unter den Kraftwerken sollen erstmals auch solche mit Null-Kohlendioxid-Emissionen sein. Für die kommunalen Energieunternehmen steuerte Mannheims Oberbürgermeister Gerhard Widder Pläne für 8,5 Milliarden bei, viele davon für die Kraft-Wärme-Kopplung. Die Vertreter der erneuerbaren Energien, die sich nach Teilnehmerangaben in der Runde ansonsten enttäuschend schweigsam verhielten, mochten nicht nachstehen und teilten mit, dass in ihrem Bereich im gleichen Zeitraum Investitionen zwischen 33 und 40 Milliarden vorgesehen seien - für Anlagen zur Erzeugung von Biosprit, Offshore-Windparks und Solarenergie. Merkel nannte diese Zahlen eine "gute Botschaft". Für die Kanzlerin war das wichtigste Ergebnis, "dass der Wille zur Zusammenarbeit da ist". Kontroverse Diskussionen, zum Beispiel über die Laufzeiten der Kernkraftwerke, gab es zwar. Industrievertreter forderten eine Verlängerung wegen der Strompreise, und die beiden Minister Sigmar Gabriel (SPD) und Michael Glos (CSU) trugen ihre unterschiedlichen Standpunkte vor. Aber mehr geschäftsmäßig. Merkel moderierte, verwies auf den Koalitionsvertrag, der eine Änderung des Atomausstiegs ausschließt und sagte, die Parteien hätten eben unterschiedliche Standpunkte, das sei bekannt. Das war es zu diesem Thema. Drei Arbeitsgruppen wurden gebildet, die nun das nächste Treffen im September vorbereiten sollen: Internationale und nationale Energiepolitik sowie Energieinnovationen. Interessant: Bei jeder Arbeitsgruppe soll sowohl ein CDU- als auch ein SPD-geführtes Ressort die Federführung haben. Merkel will keinen Koalitionskrach um die Energiepolitik. Gabriel sprach hinterher von einem "ausgesprochen gelungenen Start", weil die verschiedenen Ziele, Versorgungssicherheit, Preise und Umwelt, alle gleichrangig akzeptiert worden seien. Diesen Eindruck schilderte auch ein industrieferner Teilnehmer. Enorm sachlich sei es zugegangen, jeder habe jedem zugehört, keiner dominiert. Auch Energiesparziele seien allgemein akzeptiert worden. Nach dem Treffen unterhielt man sich noch lange weiter. Der anschließende Stehempfang dauerte bis Mitternacht. Einen offenen Konflikt innerhalb der Bundesregierung gibt es jedoch um die anstehende zweite Runde der Verteilung von Emissionsrechten. Bis Juni muss sich die Bundesregierung in der Sache entschieden haben und ihren Vorschlag nach Brüssel melden.

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