Mit Augenmaß und Augenzwinkern

Stadtratsmitglied, Beigeordneter, Bürgermeister, Regierungspräsident: So lauteten die Karriere-Stationen von Walter Blankenburg. Lange Jahre war er der einzige Sozialdemokrat, der es in der Region Trier in kommunale Spitzenpositionen brachte. Am morgigen Sonntag wird er 75.

 Stets der gleiche geblieben: Walter Blankenburg 1982 im Rathaus und heute auf seinem Balkon. Fotos: Josef Tietzen(TV-Archiv)/Dieter Lintz

Stets der gleiche geblieben: Walter Blankenburg 1982 im Rathaus und heute auf seinem Balkon. Fotos: Josef Tietzen(TV-Archiv)/Dieter Lintz

 DiL_Blankenburg_Blankenburg.jpg-GVP1JLVBD.1.jpg

DiL_Blankenburg_Blankenburg.jpg-GVP1JLVBD.1.jpg

Trier. Das spitzbübische Lächeln ist immer noch da. Walter Blankenburg betrachtet die Politik mit einem Augenzwinkern, nicht erst im Rückblick. Das Hecheln nach Macht und Einfluss war seine Sache nie - vielleicht rührt daher seine parteiübergreifende Beliebtheit. 1961 kam der gebürtige Kölner über Umwege als Lehrer für Deutsch und Geschichte nach Trier. 1969 zog er für die SPD in den Stadtrat ein, 1977 wurde er Dezernent, später Bürgermeister. Als die SPD 1991 die Macht im einstigen Diaspora-Land übernahm, avancierte er zum Regierungspräsidenten. 1997 ging er in den Ruhestand, die anstehende Abschaffung "seines" Regierungsbezirks mochte er sich nicht mehr antun. Seither lebt der Vater dreier Töchter und Opa zweier Enkel mit seiner Frau eher zurückgezogen, auf öffentlichen Empfängen sieht man ihn selten. "Was soll ich alter Sack da?", fragt er schmunzelnd, "da müssen die noch extra einen abstellen, der sich um mich kümmert". Ein typischer Blankenburg. Ein Schuss Selbstironie hat ihn immer begleitet, in guten wie in schwierigen Tagen. Zu letzteren gehörte Ende der 70er Jahre die Schließung des Treveris-Gymnasiums, ausgerechnet seiner alten Schule. In Trier tobte eine Diskussion, wie es sie später allenfalls noch um Domfreihof oder Viehmarkt geben sollte. Der Schuldezernent blieb hart, bewies Mut zur Unpopularität - zu Recht. Nicht überall im Schulbereich hatte er eine so glückliche Hand: Das Renovierungs-Defizit konnte er nicht aufholen, die Schulmittel flossen in einen aufwändigen Ringtausch (Blankenburg heute: "ein Albtraum") statt in die Ausstattung.Verbunden ist sein Name mit einer Blütezeit der Trierer Kultur. Blankenburg erfand den Robert-Schuman-Preis und die Artothek, sorgte für florierenden Kulturaustausch mit Metz und Luxemburg, pflegte das Theater, förderte die Vereine. Und er jubelte einem zögerlichen Stadtrat, unterstützt von OB Zimmermann, mit List und Tücke die Gründung der Tufa unter. "Wir mussten raus aus der Spießigkeit", sagt er, "aber das durfte man damals nicht so laut sagen". Als Regierungspräsident zog er buchstäblich über die Dörfer, immer mit der Ambition, "kein Vertreter der Verwaltung gegenüber den Bürgern, sondern ein Anwalt der Bürger in der Verwaltung zu sein". Dass die Bürokraten aller Ebenen ihre Probleme mit ihm hatten, quittiert er lächelnd: "Ich glaube, es ist mir gelungen, mich nicht zu verändern, egal, welches Amt ich hatte." Sozialdemokrat ist er bis heute denn auch geblieben, wenn auch mit Widerhaken. Ob er heute noch mal Mitglied seiner Partei würde? "Ich weiß nicht, die sind mir zu rechts, zu angepasst." Der Mann, der einst als konservativer Roter galt, schimpft heute wie Heiner Geißler auf das "absolute Diktat der Ökonomie".Dem braucht er sich als Ruheständler nicht mehr zu unterwerfen. Stattdessen liest er viel, fährt Rad, kauft auf dem Wochenmarkt ein oder geht auf Städtereisen. Und da ist natürlich das Theater-Abo - nicht für die Premieren, sondern ganz normal "Anrecht grün". Typisch Blankenburg eben. So wie seine Ehrlichkeit. "Ich habe immer gedacht: Lieber ein paar Schlaglöcher mehr auf der Straße als zu wenig Geld fürs Theater." Ob ihm im Rückblick etwas richtig leidtut? Kurzes Zögern. Den Traditionssaal Treveris hätte die Stadt vor dem Abriss für 3,5 Millionen Mark kaufen können. "Dass ich das damals nicht durchgesetzt habe", sagt Blankenburg, "ist echt schade."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort