Nürburgring-Affäre: FDP greift Regierung an

Die FDP-Landtagsfraktion wirft der Landesregierung "schwere Versäumnisse" bei der Auswahl ehemaliger Geschäftspartner am Nürburgring vor, die unter Betrugsverdacht stehen. Zudem werde die Aufklärung der Affäre behindert, weil brisante Akten als vertraulich deklariert seien.

Mainz. Vor zwei Wochen hat Innenminister Karl Peter Bruch (SPD) im Innenausschuss des Landtags bekräftigt, der Landesregierung hätten in Bezug auf die im Juli geplatzte Privatfinanzierung des neuen Erlebniszentrums an der Rennstrecke zu keinem Zeitpunkt Hinweise auf Straftaten vorgelegen. Heute wisse man Details, die man damals nicht gekannt habe und nicht habe kennen können. Dem widerspricht die FDP energisch. Der Partei zufolge hätten die Ministerien oder die Staatskanzlei eine wichtige Quelle wie das Bundeszentralregister, in dem Gerichtsentscheidungen gespeichert werden, problemlos anzapfen können. Oberste Landesbehörden dürften dort laut Paragraf 41 Bundeszentralregister-Gesetz uneingeschränkt Auskünfte anfordern. Es müsse nur der Zweck angegeben werden.

Brisant ist das deshalb, weil einer der Nürburgring-Geschäftspartner in diesem Register verzeichnet ist. So hat der Kaufmann Michael Merten, gegen den die Staatsanwaltschaft Koblenz seit Ende August wegen Betrugsverdachts ermittelt, öffentlich selbst eingeräumt, 1996 aufgrund eines Konkursfalles verurteilt worden zu sein. "Diese Erkenntnis hätte die Landesregierung gewinnen können, wenn nicht müssen", sagt FDP-Fraktionschef Herbert Mertin. Immerhin sei es "nicht um das Liefern von Bleistiften, sondern um ein Millionen-Geschäft" gegangen.

Die Liberalen bezweifeln, dass niemand von der Landesregierung im Bundeszentralregister die wichtige Information abgefragt hat. Schließlich wird das Register regelmäßig genutzt.

Auskünfte im Register werden regelmäßig eingeholt



So bestätigt auf TV-Anfrage Joachim Winkler, Sprecher des Wirtschaftsministeriums, dass dort "Auskünfte im Vorfeld einer Verleihung der Wirtschaftsmedaille und bei Einstellung von Bewerbern" eingeholt werden. Ob das auch im Zusammenhang mit dem Nürburgring geschah, will die FDP in Ausschüssen erforschen.

Angeblich gibt es noch weitere brisante Einzelheiten über die Seriosität der Geschäftspartner am Ring, die in den Akten des Untersuchungsausschusses schlummern, aber bislang nicht öffentlich geworden sind. "Wir dürfen nicht darüber sprechen, denn die Akten sind vertraulich gestempelt", klagt Günter Eymael, Obmann der FDP im Untersuchungsausschuss. Die Liberalen verlangen, dass acht Akten aus dem Wirtschafts-, dem Finanz- und dem Innenministerium öffentlich diskutiert werden, und behalten sich rechtliche Schritte vor, falls das nicht geschieht. Das verfassungsrechtlich verankerte Untersuchungsrecht werde von der Landesregierung "massiv und in nicht hinnehmbarer Weise" behindert, begründet Eymael.

Thomas Auler, rechts- und innenpolitischer Sprecher, kritisiert derweil den "fragwürdigen Umgang" der Landesregierung mit dem Polizeilichen Informationssystem (Polis) im Zusammenhang mit der Nürburgring-Affäre. Auffällig sei, dass das Innenministerium von zwölf Fällen interner Abfragen gesprochen, öffentlich jedoch nur zwei Fälle von CDU-Abgeordneten (Michael Billen und Peter Dincher) benannt habe. Die FDP wolle genau wissen, wer wann aus welchen Gründen Polis abgefragt habe, betont Auler. Auch die CDU will laut Parteichef Christian Baldauf im Innenausschuss nachbohren. Der ehemalige Kriminalbeamte Auler sieht bei den Polis-Abfragen auch ein "problematisches Verhalten" der Landesregierung. Sie habe sich bei den von ihr initiierten Recherchen des Landeskriminalamtes auf die "Gefahrenerforschung" nach Paragraf 37 des Polizei- und Ordnungsgesetzes berufen. Es sei "heftig umstritten", ob Polizisten in Polis unter Bezug auf "Gefahrenerforschung" tätig werden dürften.

Das Innenministerium weist die Kritik zurück. Eine Vollabfrage des Bundeszentralregisters sei rechtlich nicht möglich gewesen, da dies "nur zur Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben im überwiegend öffentlichen Interesse" zulässig sei. Die Überprüfung der Seriosität von Geschäftspartnern einer privaten GmbH "erfüllt diese Voraussetzungen ganz offensichtlich nicht". Bei der Freigabe vertraulicher Akten gehe es "mitunter um schutzwürdige Rechte Dritter". Gleichwohl werde der Antrag überprüft.

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