Neue Freiheit für Studenten & Co.

E-Learning: Dieser Begriff steht für Lernen mit Unterstützung elektronischer Medien und bezeichnet einen Trend, der das Bildungswesen verändern wird. Auch in Trier gewinnt der computergestützte Unterricht an Bedeutung.

Trier. Professor Michael Jäckel, Vizepräsident der Universität Trier, hat seine Vorlesung in diesem Semester von den USA aus eröffnet. Er saß vor einem Computer mit Kamera jenseits des Atlantiks, während rund 150 Studenten im Trierer Hörsaal den Soziologen auf einer Leinwand sahen. Im Uni-Fach Medienwissenschaft wurden bereits die ersten Klausuren online geschrieben. Und an der Fachhochschule (FH) am Schneidershof wird eine komplette Vorlesungsreihe über das Internet angeboten, sodass auch Studenten im Praxissemester sie verfolgen können. "E-Learning wird ein wichtiger Teil der Hochschul-Ausbildung werden", prophezeit Sylvia Bayertz, Projektassistentin für E-Learning an der Trierer FH.Die Vorteile des elektronischen Lernens liegen auf der Hand: Es ermöglicht selbstständiges, orts- und zeitunabhängiges Lernen. Die Nutzer entscheiden selbst, welche Inhalte sie wie oft wiederholen. Das steigere die Effizienz gegenüber klassischem Unterricht, heißt es bei der Online-Akademie der Industrie- und Handelskammern. Dort geht man davon aus, dass 100 Online-Stunden 200 Stunden Präsenzveranstaltung ersetzen. Auch die Hochschulen versprechen sich Vorteile vom computergestützten Lernen - an erster Stelle Einsparpotenziale dadurch, dass nicht mehr jede Uni für jede Veranstaltung ein eigenes Konzept erarbeiten und Lehrkräfte abstellen muss. Ein Teil der Lehr-Veranstaltungen könne durch computer-Lern-Programme ersetzt werden und so die Qualität der verbleibenden Angebote verbessert werden, heißt es. Eine weitere Chance sehen Experten im Austausch zwischen Dozenten und Studierenden auf elektronischen Plattformen.Vielen Befürwortern geht die Entwicklung des E-Learnings nicht schnell genug. So wirft die Initiative Virtuelle Universität Deutschland (VirtusD) der Politik vor, die Möglichkeiten des E-Learnings ungenügend zu unterstützen. Deutschland drohe, ins Abseits zu geraten. Es gebe zwar gute Ansätze, diese müssten jedoch besser miteinander vernetzt werden, um Kräfte zu bündeln. "In der Praxis ist die Zusammenarbeit noch nicht sehr weit", sagt auch Professor Jäckel. Erste Ansätze, in Trier erarbeite Module auch anderen Hochschulen einzusetzen, gebe es aber beispielsweise im Fach Betriebswirtschaftslehre. Neben den Universitäten hat VirtusD auch die allgemein bildenden Schulen im Blick. Professor Reinhold Jäger von der Universität Koblenz-Landau, der Mitglied der Initiative ist, beschreibt, wie er sich einen entsprechenden Einsatz von Lern-Software vorstellt: "Innerhalb einer bestimmten Zeitspanne müssen die Schüler bestimmte Inhalte erarbeiten." Der Lehrer unterstütze sie und überprüfe den Lernerfolg. Auch die Weiterbildung wird sich durch das computergestützte Lernen verändern: Statt zu Seminaren zu reisen, sitzen die Lernenden künftig am Computer, bearbeiten den Unterrichtsstoff, kontrollieren ihren Lernfortschritt und tauschen sich mit Kollegen und Trainern in Chat-Räumen und Foren aus - so erwarten es jedenfalls die Experten.Während in den 90er-Jahren viele im E-Learning die künftige Lernform schlechthin sahen, geht man heute davon aus, dass der Computer den klassischen Unterricht nicht ersetzen wird, sondern ergänzen. Damit wäre das Haupt-Argument der Kritiker - der fehlende soziale Kontakt - hinfällig. "Unser Ziel sollte nicht die elektronische Universität sein", sagt Professor Jäckel. "Wir sollten vielmehr prüfen: Wo genau macht der Einsatz von E-Learning Sinn?" Meinung Faszination und Gefahr Die moderne Technik revolutioniert den Alltag - ein eindrucksvolles Beispiel für diese Tatsache ist der zunehmende Einsatz von elektronischem Lernen. Wer sich in Zukunft aus- oder weiterbilden lässt, wird sehr viel weniger als bisher an bestimmte Zeiten und Orte gebunden sein. Er lädt sich seine Unterrichtseinheiten zu Hause auf den Rechner und lernt, wann immer es ihm passt - ob frühmorgens, spätabends oder am Wochen ende. So faszinierend solche Möglichkeiten sind, so deutlich führen sie vor Augen: Ohne Computer geht immer weniger. Wer nicht über die technische Ausstattung und entsprechende Kenntnisse verfügt, gerät zunehmend ins Abseits. Bedenklich ist das vor allem deshalb, weil mit steigender Armut in der Gesellschaft auch der Anteil derjenigen wächst, die sich einen Zugang zu elektronischen Medien nicht leisten können. i.kreutz@volksfreund.de

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