Neue Runde im Mindestlohn-Streit

Der Streit in der Großen Koalition über Mindestlöhne geht in eine neue Runde: Nachdem bis zum gestrigen Stichtag nur rund ein halbes Dutzend Wirtschaftszweige ihr Interesse an verbindlichen Lohnunergrenzen bekundet haben, gilt das Thema in der Union als entschärft. Dagegen sieht die SPD in der dürftigen Resonanz nur einen ersten Schritt auf dem Weg zur Beseitigung von "Hungerlöhnen".

Berlin. (vet) Der gestrige Montag war ein magisches Datum im Mindestlohn-Streit. Auf den Termin hatte sich die Koalition im Vorjahr nach langem Gezerre verständigt. Einerseits war damit die Forderung der Union erfüllt, dass es keinen einheitlichen flächendeckenden Mindestlohn geben werde. Dafür gestanden CDU und CSU der SPD aber zu, einzelnen Branchen die Möglichkeit von verbindlichen Lohnuntergrenzen über die Aufnahme ins Entsendegesetz zu eröffnen, wenn dies die jeweiligen Tarifparteien wünschen. In der SPD kursierten darauf hin offizielle Einschätzungen, wonach sich mindestens zehn Wirtschaftszweige mit weit über vier Millionen Beschäftigten melden würden. Darunter so beschäftigungsstarke Branchen wie der Einzelhandel, das Gaststättengewerbe und die Landwirtschaft. Dort winkte man jedoch ab. Jetzt müssen die Genossen kleinere Brötchen backen. Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) sprach trotzdem von einem "gigantischen politischen Erfolg". Mindestlöhne gibt es bislang nur in der Baubranche, im Elektrohandwerk sowie für Gebäudereiniger und Briefträger. Darunter fallen insgesamt 1,8 Millionen Beschäftigte. Aktuell haben sich nun die Forstdienstleister, das Wach- und Sicherheitsgewerbe, die Zeitarbeitsbranche, die Großwäschereien sowie Teile des Weiterbildungsbereichs und der Altenpflege gemeldet. Die Gesamtzahl der Beschäftigten in diesen Branchen gab Scholz mit 1,43 Millionen an. Das wäre nur ein Drittel der von der SPD erwarteten Größenordnung. Doch der Minister rechnete anders: Verglichen mit der Ausgangslage bedeute das nahezu "eine Verdoppelung der geschützten Arbeitnehmer".

So weit ist es noch nicht. In der Koalitionsverabredung vom Sommer 2007 heißt es: Das Gesetzgebungsverfahren zur Aufnahme der interessierten Branchen werde nach Ablauf des 31. März "unverzüglich eingeleitet". Union und SPD streiten aber immer noch über jene Gesetzentwürfe, die die Grundlage für dieses Vorhaben bilden sollen. Allein das CSU-dominierte Wirtschaftsministerium brachte mehr als 30 Einwände gegen die Vorlagen von Minister Scholz vor. Und nach dem mäßigen Echo in der Wirtschaft machen sich Teile der Union dafür stark, die Vorhaben gänzlich einzustampfen.

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