Neuer Stoß des Rammbocks

BERLIN. Er macht den Rammbock für den Kanzler: "Superminister" Wolfgang Clement hat das Arbeitsrecht im Visier und kämpft gegen Traditionalisten in der SPD.

Schon allein von seinem etwas sturen Naturell her eignet sich Wolfgang Clement als "Rammbock". Derzeit ist er in dieser Funktion für den Kanzler aktiv und zwar vor allem gerichtet gegen die eigenen Leute. Womit er sich herzlich unbeliebt bei den Genossen macht. Skepsis wegen seines reformoffenen Auftretens in alle Richtungen gab es vor allem auf dem linken Flügel der SPD-Fraktion ja schon länger. Seit der 62-Jährige aber glasklar versucht, für einen Umschwung in der Wirtschaft und auf dem Arbeitsmarkt seinen Satz "nichts ist tabu" in die Tat umzusetzen, sind die Zweifel bei so manchem Genossen deutlich in Widerstand umgeschlagen. Clement wäre aber nicht Clement, wenn ihn das davon abhalten würde, seinen eingeschlagenen "Kurs der Erneuerung" weiter zu verfolgen. Dafür hat ihn Gerhard Schröder schließlich ins Kabinett geholt. Den Testballon ließ der Superminister in dieser Woche bereits los. Unter dem positiv besetzen Begriff des "Bürokratieabbaus" hat er vor allem die Entrümpelung des Arbeitsrechts im Visier. Das ist nach Einschätzung von Experten nicht nur eines der größten Einstellungshemmnisse, sondern auch Ursache dafür, dass anders als in anderen Ländern in Deutschland ein Wirtschaftswachstum von gut zwei Prozent für positive Effekte auf den Arbeitsmarkt benötigt wird. Das will Clement knacken. Gestern nun wurde ein Papier aus dem Bundeswirtschaftsministerium öffentlich, in dem eine ganze Reihe von Gesetzen zur Disposition stehen, die unter das Arbeitsrecht fallen. So wird überlegt, den Rechtsanspruch auf Teilzeit und das Betriebsverfassungsgesetz wieder zu verändern. Das Papier sieht eine Anhebung der so genannten Schwellenwerte vor, die durch die Zahl der Mitarbeiter eines Betriebes bestimmt werden und die Einfluss auf Größe und Rechte des Betriebsrates sowie den Anspruch auf Teilzeit haben. Überdies wird vorgeschlagen, den Ladenschluss völlig freizugeben, die Handwerksordnung weitreichend zu ändern, das Vergaberecht zu verschlanken und das Verbot aufzuheben, Arbeitnehmer nur einmal ohne Sachgrund befristet einzustellen. Bei seinem letzten Auftritt im Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit vor einigen Tagen machte Clement bereits klar, was ihm noch vorschwebt: Man werde unter dem Gesichtspunkt der Deregulierung auch das "Genehmigungsrecht, das Planungsrecht, das Baurecht" überprüfen müssen. Die Sozialdemokraten im Ausschuss sollen tief Luft geholt haben.

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