Neues Spiel…

BRÜSSEL. (ik/dpa) Er hat die Aussicht auf das Prädikat "historisch" - der Gipfel der Staats- und Regierungschefs heute und morgen in Brüssel. Doch davor liegt ein hartes Stück Arbeit. Und die Gefahr des Scheiterns. Ein Überblick über die wichtigsten Tagesordnungspunkte.

Das Hauptaugenmerk beim Brüsseler EU-Gipfel gilt der VERFASSUNG . Im Dezember war ein erster Anlauf, sich auf einen Text zu einigen, fehlgeschlagen. Nun heißt es: neues Spiel, neues Glück. Ein zweites Scheitern wäre ein herber Schlag für den europäischen Einigungsprozess. Die Verfassung soll das Fundament für ein bürgernahes Europa legen - wie nötig dies wäre, hat zuletzt die niedrige Beteiligung an der Europawahl gezeigt. Vor dem Gipfel wurde allenthalben Optimismus verbreitet, und tatsächlich besteht in den meisten Punkten Einigkeit. Völlig offen ist allerdings noch, wie der Streit um den GOTTESBEZUG ausgeht. Im Entwurf des EU-Konvents werden die "kulturellen, religiösen und humanistischen Überlieferungen Europas" erwähnt. Das ist Polen, Italien, Spanien und Portugal zu wenig. Sie wollen auch die christlichen Traditionen anführen - wogegen sich wiederum die Franzosen wehren, deren Verfassung eine strenge Trennung von Kirche und Staat vorschreibt. Auch das künftige ABSTIMMUNGSVERFAHREN ist weiter unklar. Allgemein akzeptiert ist inzwischen, dass die Bevölkerungsgröße der EU-Länder bei Abstimmungen eine Rolle spielen muss. Dazu wurden allerlei Rechenkünste bemüht. Jetzt scheint es so zu gehen: Ein Beschluss wird gefasst, indem mindestens 55 Prozent der EU-Staaten zustimmen - und wenn in den zustimmenden Staaten mindestens 65 Prozent der EU-Bürger leben. Um einen Mehrheitsbeschluss zu blockieren, müssten sich mindestens vier Länder zusammentun. Und schließlich ist da noch der STABILITÄTSPAKT . Mehrere Staaten, darunter Deutschland, wehren sich, der EU-Kommission mehr Rechte zu geben. Im Kern geht es um das Verfahren gegen "Defizitsünder": Der Verfassungs-Entwurf sieht einen "Vorschlag" der Kommission vor, der von den Finanzministern nur einstimmig zurückgewiesen werden könnte. Die bisher übliche "Empfehlung" kann dagegen leichter abgewehrt werden. Weiteres großes Thema in Brüssel ist die Nachfolge von EU-Kommissionspräsident Romano Prodi. Als Favorit gilt der liberale belgische Ministerpräsident Guy Verhofstadt, den auch Deutschland unterstützt. Nach dem Erfolg der Konservativen bei der Europawahl erheben diese aber Ansprüche und wollen vor der Kür heute Abend einen eigenen Kandidaten präsentieren.

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