Nichts außer vagen Vermutungen

Mehr als 120 Taucher und andere Einsatzkräfte durchsuchen seit gestern den Stausee im luxemburgischen Esch an der Sauer nach zwei vermissten Deutschen: der seit knapp sechs Monaten verschwundenen Trierer Studentin Tanja Gräff (21) und dem Rentner Walter Klein (69) aus der Nord-Eifel.

Esch. Die beiden unauffällig gekleideten Herren von der Kripo haben in der vorletzten Reihe Platz genommen, als ein Dutzend Verantwortlicher gestern Morgen die zahlreichen luxemburgischen und deutschen Medienvertreter über die soeben gestartete Such-Aktion im Escher Stausee informiert. Offiziell gilt der auf drei Tage angesetzte Einsatz allein der Suche nach der auf dem Sommerfest der Trierer Fachhochschule unter mysteriösen Umständen verschwundenen Studentin Tanja Gräff. Und nur von der 21-Jährigen, die in der Nacht ihres Verschwindens möglicherweise in einen Peugeot mit luxemburgischem Kennzeichen gestiegen sein könnte, ist auch an diesem Morgen die Rede. Offiziell, wie gesagt.

Ein halber Meter Sicht und sieben Grad kalt

Aber da sitzen eben auch noch die beiden Kriminalhauptkommissare Harald Richter und Urban Bretz, die mit dem Fall Tanja Gräff und der Soko FH nichts zu tun haben. Harald Richter ist selbst Leiter einer Sonderkommission, die nach einem luxemburgischen Ort benannt ist, der nur rund 30 Kilometer vom Stausee entfernt liegt: "Clervaux". Dort wurde Anfang September nahe eines Campingplatzes der Renault Scenic von Walter Klein entdeckt. Von dem einen Tag zuvor verschwundenen 69-Jährigen aus Oberlascheid (Eifelkreis Bitburg-Prüm) fehlt jede Spur.

Die Ermittler der Trierer Kripo halten es inzwischen für wahrscheinlich, dass auch Walter Klein - ebenso wie die Trierer Studentin Tanja Gräff - einem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen ist. Nur hat die "Soko Clervaux" offenbar noch weniger Erfolg versprechende Spuren als die Kollegen von der "Soko FH".

Auch im Fall Walter Klein durchsuchten luxemburgische und deutsche Einsatzkräfte in der Vergangenheit mehrmals vergeblich Gelände am Heimatort des herzkranken Rentners und am Fundort seines Wagens. Ebenso wie Tanja Gräff gilt der 69-Jährige als äußerst zuverlässig, niemand kann sich erklären, wie sein Auto ins knapp 70 Kilometer von Oberlascheid entfernte Clervaux kam.

Dafür halten es die Fahnder jetzt "mindestens so wahrscheinlich wie im Fall Gräff" (ein Ermittler), dass die Leiche auf dem bis zu 45 Meter tiefen Grund des Escher Stausees gefunden werden könnte. Der personelle Aufwand ist gewaltig: 120 Einsatzkräfte aus Luxemburg, Deutschland und Frankreich, darunter 62 Taucher, sind bis Donnerstagabend im Einsatz, sagt der luxemburgische Tauch-Chef Roland Di siviscour. Die Bedingungen in dem 17 Kilometer langen und durchschnittlich 150 Meter breiten Stausee sind alles andere als ideal: eine Sichtweite von einem knappen halben Meter und eine Wassertemperatur von sieben Grad.

An insgesamt zehn Stellen des für die Dauer der Such-Aktion eigens um ein paar Meter abgesenkten Stausees werde getaucht, erläutert Jean Bour, der Leitende Oberstaatsanwalt von Diekirch/Luxemburg. Warum an zehn Stellen? "Das sind die Plätze", sagt Bour, "wo jemand, wenn er einen Körper loswerden möchte, dies wohl tun würde."

Bour war schon vier Jahren mit dabei, als Taucher an der Stauseemauer die Leiche von Nicole Clerf bargen. Die junge Frau aus der Eifel war von ihrem Ex-Freund ermordet worden. Der 29-Jährige hatte den Fahndern damals die Stelle gezeigt, wo er den Körper im Stausee versenkt hatte. Dennoch dauerte es damals fünf Tage, bis Profi-Taucher den Leichnam entdeckten und bargen. Dieses Mal aber haben die Einsatzkräfte nichts außer vagen Vermutungen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort