(Noch) kein weißer Rauch

TRIER. Wahlmarathon bei der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD): Den gesamten Tag wurden gestern in der Trierer Europahalle die neuen Mitglieder des Rates gewählt. Obwohl noch nicht über den Vorsitzenden abgestimmt wurde, steht der Sieger wohl schon fest.

"Das war die Entscheidung." Für den Synodalen steht schon nach dem ersten Wahldurchgang fest: Der Berliner Bischof Wolfgang Huber hat das Rennen um den Ratsvorsitzenden gemacht. Huber ist der einzige der vier Favoriten, der direkt im ersten Durchgang den Einzug in den Rat geschafft hat. Und das mit klarer Mehrheit: 104 von 144 stimmberechtigten Synodalen haben Huber gewählt. Als kurz vor elf Uhr dann das Ergebnis von seiner Konkurrentin Margot Käßmann bekannt gegeben wird, geht ein Raunen durch den großen Saal der Europahalle. Gerade mal 63 stimmen für die hannoversche Landesbischöfin, von der nötigen Zwei-Drittel-Mehrheit (96 Stimmen) ist sie weit entfernt. Bis zur Mittagspause muss sie noch zittern. Dann, beim dritten Anlauf, hat sie es geschafft zusammen mit dem zuvor ebenfalls als Nachfolger von Ratsvorsitzenden Manfred Kock gehandelten Thüringer Landesbischof Christoph Kähler. Vier Wahldurchgänge in sechs Stunden, neun gewählte Ratsmitglieder - die magere, aber für Synoden wohl typische Bilanz. "Das kann ein langer Tag werden", meint ein Synodaler. Ein anderer meint: "Es ist alles gelaufen." Und tatsächlich, Huber wird bereits wie der neue Ratsvorsitzende gefeiert. Ein später Triumph. Bereits vor sechs Jahren sollte er Ratsvorsitzender werden. Überraschend ist es damals aber Kock geworden. Diesmal scheint der Hauptstadt-Bischof es gepackt zu haben. Selbst seine schärfste Konkurrentin, die Bischöfin aus Hannover, muss das eingestehen: "Das ist ein klares Signal und eine deutliche Entscheidung." Sie freue sich für Bischof Huber, sagt Käßmann. Er sei der richtige Mann, den die evangelische Kirche jetzt brauche, sagt einer der Ratskandidaten. Er sei profiliert, er sitze in Berlin und sei in der SPD, das seien Gründe, die einfach für Huber sprächen. "Der hat politisches Gewicht und ist ein echter Gegenpart zu Kardinal Lehmann." Noch während die Wahlhelfer die hölzernen Urnen mit den blauen Stimmzetteln für den dritten Durchgang durch die ganze Europahalle bis in den entlegensten Raum des angrenzenden Ramada-Hotels schleppen ("Wahrscheinlich muss zwischen Sitzungssaal und Auszählung ein bestimmter Abstand sein", witzelt ein schwitzender Kamera-Mann, der hinterher hechelt), lacht Huber strahlend in die Kameras, lässt sich im Gespräch mit Kock fröhlich fotografieren. Bis zum späten Abend wird gewählt, bis endlich alle 14 Mitglieder feststehen. Alle brauchen sie eine Zwei-Drittelmehrheit. Und das kann dauern. "Das ist schon ziemlich nervend", meint eine Synodale, vor allem wenn Kandidaten nach dem dritten, vierten Wahlgang immer noch nicht im Rat sind. Einige ziehen ihre Kandidatur zurück. Die Wahl des Vorsitzenden wird am Nachmittag auf den nächsten Tag verschoben. Das Käßmann aber vor allem auch der Münchener Landesbischof Johannes Friedrich, den die Konservativen in der evangelischen Kirche auf den Schild heben wollten, von den Synodalen so deutlich abgewatscht werden, scheint nicht wirklich überraschend zu sein. Käßmann habe sich am Sonntag bei ihrer Vorstellung "abgeschossen" sagt ein Synodenmitglied. In jedem Satz sei rüber gekommen, dass sie sich als ideale Vorsitzende sehe. So was komme gar nicht gut an. Und Friedrich, der erst nach dem vierten Wahlgang, dann zwar mit deutlicher Mehrheit (108 Stimmen) in den Rat kommt, habe sich schon vorher "disqualifiziert", weil er sich zu siegessicher als neuer Ratspräsident verkauft habe. Synoden reagieren eben sensibel. Innerhalb von Tagen ja Stunden können sich Stimmungen und Präferenzen ändern. Auch bekannten Personen werden Opfer des Systems. ZDF-Strahlemann Peter Hahne, seit 18 Jahren EKD-Ratsmiglied, muss den ganzen Tag bangen, ob er wieder gewählt wird. Das zähe Wahlverfahren treibt aber nicht nur die Kandidaten sondern auch manchem Beobachter der "Konkurrenz" zur Verzweiflung. "Bei den Katholen geschieht das alles hinter verschlossenen Türen, irgendwann steigt dann weißer Rauch auf und es ist gelaufen", witzelt einer. Der "weiße Rauch" steigt aber an diesem Tag noch nicht auf.

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