Normalverdiener zahlen drauf

TRIER. In vielen Familien wird derzeit gerechnet: Was bringt die große Koalition? Wo werden wir zur Kasse gebeten? Was haben wir mehr im Geldbeutel? Der TV hat nachgerechnet.

Auch wenn gestern in Berlin noch verhandelt wurde und bislang nur die Eckpunkte des Koalitionsvertrags bekannt sind, steht bereits fest, dass die Bürger belastet werden. Beispiel MEHRWERTSTEUER: Sie soll von derzeit 16 auf mindestens 18 Prozent steigen. Die Meinungen, wie sich die Erhöhung in den Portmonees von Familien bemerkbar macht, gehen auseinander. Es hängt davon ab, ob die höhere Steuer in vollem Umfang an die Kunden weiter gegeben wird. Steuererhöhung und Beitragssenkung

Experten gehen davon aus, dass eine Familie bei 18 Prozent Mehrwertsteuererhöhung zwischen 45 und 55 Euro im Monat weniger hat. Ein Paar mit zwei Kindern, das vollständig von Arbeitslosengeld II lebt, hätte demnach 35 bis 40 Euro weniger. Auf der anderen Seite ist angedacht, die Arbeitnehmer zu entlasten. Die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung sollen ab 2007 um mindestens einen Prozentpunkt gesenkt werden - macht bei einem durchschnittlichen Monatsverdienst von 3000 Euro Brutto immerhin 30 Euro mehr im Geldbeutel aus. Fest steht aber auch: Normalverdiener werden unter einer großen Koalition mehr Steuern bezahlen müssen. Beispiel: ein berufstätiges Ehepaar; er verdient 40 000 Euro im Jahr, sie 30 000 Euro. Beide fahren je 40 Kilometer zu ihrer Arbeit und können dafür derzeit 2640 Euro von der Steuer absetzen. Da geplant ist, bei der PENDLERPAUSCHALE die ersten 20 Kilometer nicht mehr zu berücksichtigen, würde der absetzbare Betrag bei dem berufstätigen Ehepaar auf 1320 Euro sinken. Ein lediger Berufstätiger mit einem Jahreseinkommen von 26 000 Euro, der täglich 15 Kilometer zur Arbeit fährt, müsste demnach 300 Euro mehr Steuern im Jahr bezahlen. Im Gegenzug soll der allgemeine Arbeitnehmerpauschbetrag von 920 auf 1100 Euro steigen. Auch der Sparerfreibetrag soll von derzeit 1370 auf 750 Euro (Verheiratete 1500 Euro) gekürzt werden. Für das berufstätige Ehepaar würde dies bedeuten, dass statt des bisherigen Freibetrags von 2740 Euro nur noch 1500 Euro Sparerpauschale steuerlich geltend gemacht werden könnten. Experten gehen davon aus, dass das Ehepaar - falls alle angedachten Kürzungen (auch die Absetzbarkeit von Arbeitszimmern soll deutlich eingeschränkt werden) zum Tragen kommen - rund 1700 Euro mehr Steuern pro Jahr zahlen müsste. Wer seine Steuerklärung vom Steuerberater machen lässt, wird belastet - die Kosten sollen nicht mehr absetzbar sein. Auch das Streichen der Eigenheimzulage dürfte sich im Geldbeutel vor allem von jungen Familien bemerkbar machen. Bislang erhält eine Familie mit zwei Kindern über acht Jahre verteilt 22 800 Euro, wenn sie ein Haus baut oder eine Wohnung kauft und selbst darin wohnt. Diese Förderung könnte bei Neuanträgen bereits ab Januar 2006 wegfallen. Wer bis zum 31. Dezember ein Haus kauft oder einen Bauantrag stellt, kann die Zulage noch beantragen. Allerdings sollen Familien auch entlastet werden. Ab 2008 soll das bisherige Erziehungsgeld in ein einkommensabhängiges ELTERNGELD umgewandelt werden. Eltern, die wegen der Kindererziehung im Job pausieren, sollen ein Jahr lang Zweidrittel ihres letzten Nettoeinkommens erhalten, maximal 1800 Euro im Monat. Wer allerdings ein Kind bekommt, muss im Falle einer vom Arbeitgeber bezahlten Leistung den vollen Betrag versteuern. Der bisherige Freibetrag für Geburtshilfen von 315 Euro soll entfallen.

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