Nur Lob für den "Weltbürger"
An der Berliner Siegessäule war schon gestern früh kaum noch zu sehen, dass dort gut zwölf Stunden zuvor 200 000 Menschen einem einzigen Mann gelauscht hatten, dazu noch einem Amerikaner: Barack Obama. Der reiste am Freitag nach Frankreich und Großbritannien weiter.
Berlin. Bühne und Podium waren abgebaut, der Müll beseitigt, die Straßen für den Verkehr wieder freigegeben. Hier und da lag noch ein Obama-Button oder ein kleines US-Fähnchen auf der Straße des 17. Juni. Die Hauptstadt fand nach dem Spektakel schnell zurück zur Normalität - und der US-Präsidentschaftskandidat bestritt den gestrigen Tag ohne öffentliche Termine.
Viel Lob heimste der Senator für seine Rede ein. Angela Merkel ließ aus dem Urlaub mitteilen, Obamas Ansprache sei "ein positives Signal für Europa und an Europa" gewesen. Vom kleinkarierten Zank über den Auftrittsort war nichts mehr zu spüren, und anscheinend hatte auch keiner mehr Lust, das Geplänkel bei der Bewertung der Rede fortzuführen. Der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Gert Weisskirchen, meinte: "Das war die Rede eines Weltbürgers, die sich nicht nur an Deutsche oder Europäer, sondern auch an die US-Amerikaner gerichtet hat." Und CSU-Ehrenvorsitzender Edmund Stoiber betonte, Obama verkörpere, "wonach sich viele Menschen sehnten: Charisma und Führung."
Keine Kritik und kein Nachtreten
Kritische Töne gab es also so gut wie gar nicht. Immerhin hat es auch schon lange kein deutscher Politiker mehr geschafft, die Massen ähnlich zu mobilisieren, jedes Nachtreten und alles andere als Lob wäre bei den Bürgern wohl kaum gut angekommen.
Gerüchte, wonach es nun auch John McCain, Obamas Konkurrenten um das US-Präsidentenamt, nach Berlin ziehe, bestätigten sich nicht. Es habe, so Regierungssprecher Ulrich Wilhelm, Überlegungen für ein Treffen von Merkel und McCain in Berlin gegeben, aber zum anvisierten Termin im März sei die Kanzlerin in Israel gewesen. "Weitere Überlegungen gibt es nicht", so Wilhelm.
Obama selbst war nach seinem Auftritt am Donnerstagabend noch zum lockeren Abendessen in ein Berliner Nobellokal gegangen. Er habe länger bleiben wollen, hieß es danach, doch seine Berater hätten ihn zum Aufbruch gedrängt. Gestern verließ der Kandidat bis zur Abreise das Luxushotel Adlon nicht mehr - kein Besuch des Holocaust-Mahnmals auf der Rückseite des Hotels, kein Abstecher zum Kennedy-Museum direkt am Brandenburger Tor und auch kein Bad in der Menge der wartenden Berliner vor den Türen des Adlons. Vielleicht hätte er gerne gewollt, doch Sicherheitsleute haben wohl davon abgeraten. Zumindest verriet Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) nach seinem Treffen mit dem Kandidaten am Donnerstag, dass der Senator wohl gerne "spontan" mehr unternommen hätte.
Dem Vernehmen nach soll Obama deshalb gestern vor allem das Gespräch mit den mitreisenden amerikanischen Journalisten gesucht haben. Sein Abflug in Richtung Paris erfolgte dann um 14.20 Uhr vom Flughafen Tegel - im Gepäck vermutlich auch die Erinnerungen an begeisterte Menschen, die Top-Schlagzeilen in allen deutschen Zeitungen und die hervorragenden Bilder für die US-Medien. Ziel der Reise erfüllt.