Nur ein Wort: "Katastrophe"

Im Berliner Konrad-Adenauer-Haus der CDU brutzelt der Leberkäse nur noch vor sich hin, der Appetit ist vielen vergangen. Nach der Prognose um 18 Uhr greifen die ersten lieber zum Oktoberfestbier und füllen sich voller Frust die Krüge.

Berlin. Das am häufigsten gehörte Wort bei den Christdemokraten lautet an diesem Abend: "Katastrophe!" Kanzlerin Angela Merkel, so heißt es, guckt sich das bayerische Drama zuhause am Fernseher an. In die Parteizentrale sind ohnehin nicht allzu viele Unions-Anhänger gekommen. Dass die Landtagswahl ein Grund für eine zünftige Fete werden würde, damit hat keiner mehr gerechnet. In einer der oberen Etagen versammelt CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla ein paar Mitarbeiter und einige wenige CDU-Spitzenleute um sich. Ein Sprecher verrät, dass "wir vom Schlimmsten ausgehen". Frühzeitig wird die Sprachregelung festgelegt: Pofalla will vor allem die Erfolge des "bürgerlichen Lagers" in Bayern herausstellen. Prinzip Augen zu und durch.

Das tut der General dann auch. Kurz nach der ersten Hochrechnung betritt er das Podium und gesteht: Die CSU habe "bittere Verluste" erlitten, "das muss unumwunden eingeräumt werden". Aber: Die Stimmen, die verloren worden seien, "sind im bürgerlichen Lager geblieben". Christ soziale, Freie Wähler und FDP hätte schließlich rund 60 Prozent erreicht. Auch eine Botschaft für die SPD hat Pofalla parat: "Der Steinmeier-Faktor ist ausgeblieben", ruft er. Gleichzeitig erinnert er die Genossen und vor allem die bayerische Schwesterpartei daran, dass man in der Großen Koalition noch ein "sehr ambitioniertes" Programm abzuarbeiten und zu entscheiden habe. Das tut er aus gutem Grund: Denn auch in Berlin dürften die nächsten Tage turbulent werden.

Pofalla weiß, die Bayernwahl ist immer mehr als eine regionale Entscheidung. Es geht auch um die Kräfteverteilung in der Bundespolitik. Stürmische Zeiten stehen der Großen Koalition und mehr noch der Union bevor. Noch ist man zwar unter Schock: "Da kann keine Häme aufkommen, das ist für uns alle schlecht", sagt der CDU-Mittestandschef Michael Fuchs. Dennoch, innerhalb der Bundestagsfraktion dürfte die Stellung der CSU-Landesgruppe bald kritisch hinterfragt werden. Laut Fuchs muss die Union allerdings aus dem Wahldebakel insgesamt ihre Lehren ziehen. Wenn man an andere bürgerliche Parteien Wähler verliere, "heißt das für mich, dass die Union mehr für Leistungsträger tun muss". Also alles eine Frage des Profils.

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