Nur ein verbaler Frühling

Berlin . Trotz tief greifender Differenzen in der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik wollen CDU und Gewerkschaften in Zukunft wieder mehr aufeinander zugehen.

Es gibt eine Reihe vonPolitikern in der Union, mit denen DGB-Chef Michael Sommer ganzgut kann. Angela Merkel gehört dazu, ebenso der designierteMinisterpräsident von Niedersachsen, Christian Wulff. Auch mitCSU-Fraktionsvize Horst Seehofer, hört man vonGewerkschaftsseite, lässt sich durchaus reden. Um so besser, dennseit die Reformdebatten auf Touren gekommen sind, habenOpposition und Gewerkschaftsbund "jede Menge Gesprächsstoff", wiees bei der DGB-Zentrale heißt. Und handfeste Gründe, sich wiegestern im Konrad-Adenauer-Haus der CDU an einen Tisch zu setzen. Traditionell ist das Verhältnis zwischen Konservativen und Arbeitnehmervertretern - gelinde gesagt - schwierig. Wie schwierig, offenbart immer mal wieder der Super-Fraktionsvize der Union, Friedrich Merz. Er gehört zu den schärfsten Kritikern der DGB-Funktionäre. Neulich attackierte Merz die Politik von Verdi-Chef Frank Bsirske als "abartig" und forderte, den Machtanspruch der Gewerkschaften zu beschneiden. Worauf DGB-Vorsitzender Sommer gleich mit ähnlich markigen Worten zur Gegenoffensive ausholte.

Führende Christdemokraten werden jedoch nicht müde, zu betonen, Merz vertrete in dieser Frage nicht die gesamte Union. Aus gutem Grund. Im Konrad-Adenauer-Haus weiß man schließlich, dass ein starrer Konfliktkurs gegen die Gewerkschaften wenig erfolgversprechend ist. Die gewichtigeren Gründe für den gestrigen Neustart in Sachen Dialog haben allerdings die Gewerkschaften. Sie sind in den letzten Wochen mächtig unter Druck geraten. Seit die SPD nämlich bei den Wahlen in Hessen und Niedersachsen untergegangen ist, haben sich die politischen Kräfte deutlich zugunsten der Union verschoben. Die Gewerkschafter können sich auf die Durchsetzungsfähigkeit der Sozialdemokraten allein nicht mehr verlassen.

Pläne überschreiten Schmerzgrenze

Bei den großen Reformen müssen Regierung und Opposition jetzt zusammenarbeiten - und da will auch der DGB ein Wörtchen mitreden und bei der CDU seine "Argumente unterbringen", wie Sommer sagt. Deswegen die neue, wenn auch nur verbale Offenheit gegenüber der Union. Denn: Trotz der positiven Worte von Merkel und Sommer über den Gesprächsauftakt sind die inhaltlichen Ansätze - wie gestern unüberhörbar war - unvereinbar.

Einige Pläne der Union überschreiten die Schmerzgrenze der Gewerkschaften. Zum Beispiel bei der Gesundheitsreform. CDU und CSU wollen den Arbeitgeberbeitrag einfrieren und den Patienten deutlich mehr Selbstbeteiligung zumuten. Mit dem DGB ist das nicht zu machen. Schaut man überdies auf die Arbeitsmarktpolitik, liegen ebenfalls Welten zwischen Opposition und Gewerkschaften. Die Union will per Optionsmodell Abfindungen statt Kündigungsschutz ermöglichen. Noch schlimmer ist für Sommer & Co., dass CDU und CSU auf betriebliche Bündnisse für Arbeit setzen, bei denen Firmenführung und Betriebsrat Tarifverträge aushebeln und unterlaufen dürfen, wenn das Jobs sichert oder schafft.

Der neue Frühling zwischen DGB und Union dürfte daher wohl ein rhetorischer bleiben und kein inhaltlicher werden. Auch nicht, wenn man sich am 24. März in großer Runde erneut trifft.

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