Nur leichte Verschiebungen im neuen Vorstand

Bei den Wahlen zum neuen SPD-Vorstand waren keine einheitlichen Trends erkennbar. Die erwartete Verschiebung nach links blieb auf dem Parteitag in Hamburg aus. Einzige Überraschung: Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee wäre beinahe durchgefallen. Er erreichte erst im zweiten Wahlgang die erforderliche Mehrheit.

Hamburg. Generalsekretär Hubertus Heil sagte, die 525 Delegierten hätten eng entlang landsmannschaftlicher Überlegungen gewählt. Tiefensee als Vertreter der mitgliederschwachen sächsischen SPD habe daher im ersten Wahlgang zu wenig Rückhalt gehabt. Dies sei im zweiten Wahlgang mit guten 378 Stimmen dann korrigiert worden. Mit dem Streit um die Bahnreform habe der Vorgang nichts zu tun. Die Wahl des Außenministers Frank-Walter Steinmeier (85,5 Prozent der Stimmen) und von Finanzminister Peer Steinbrück (75,4 Prozent) zeige, dass die Partei ihren Regierungsmitgliedern vertraue. Heil sagte, die beiden parteiintern "Die Stones" genannten Politiker und die Parteilinke Andrea Nahles würden zusammen ein "Team ohne Hierarchien" bilden. Nahles hatte bei der Wahl als Parteivize überraschend mit 74,8 Prozent noch hinter Steinbrück gelegen. Der regionalen Arithmetik fielen die kleinen Parteibezirke zum Opfer. Bremens Altlinker Detlev Albers kam nicht mehr in den 45-köpfigen Parteivorstand, ebenso nicht Mecklenburg-Vorpommerns Agrarminister Till Backhaus. Beide Länder sind nun gar nicht mehr vertreten. Gute Ergebnisse erzielten die Vertreter jener Länder, die vor Wahlkämpfen stehen, allen voran Hessens SPD-Chefin Andrea Ypsilanti, die mit 444 Stimmen das höchste Ergebnis erzielte. Auch der Niedersachse Wolfgang Jüttner, Bayerns SPD-Spitzenkandidat Franz Maget und Saar-SPD-Chef Heiko Maas wurden im ersten Wahlgang gewählt. Aus Rheinland-Pfalz wurde Bildungsministerin Doris Ahnen in den SPD-Bundesvorstand gewählt. Umstritten war die Kandidatur der früheren stellvertretenden DGB-Chefin Ursula Engelen-Kefer, die derzeit keine höheren Ämter mehr hat. Im zweiten Wahlgang reichte es dennoch für sie. Drei Gewerkschafter im höchsten Gremium

Zusammen mit dem DGB-Vorstandsmitglied Dietmar Hexel und Thyssen-Krupp-Betriebsrat Thomas Schlenz gehören nun insgesamt drei ausgewiesene Gewerkschafter dem höchsten Parteigremium an. Heil selbst war am Freitagabend mit 80,9 Prozent bestätigt worden, deutlich mehr als die 63 Prozent, die er vor zwei Jahren erzielt hatte. Der zuletzt nicht unumstrittene Generalsekretär wurde damit gestärkt. Er war noch vom damaligen SPD-Chef Matthias Platzeck geholt worden; Kurt Beck hatte ihn übernommen. Neue Schatzmeisterin der SPD ist die Finanz-Staatssekretärin Barbara Hendricks, die in dieser Funktion auch oberste Chefin der umfangreichen SPD-Pressebeteiligungen ist. Hendricks löste Inge Wettig-Danielmeier ab, die nach 16 Jahren Amtszeit nicht wieder kandidierte. Wettig-Danielmeier mahnte in ihrer Abschiedsrede eine Novelle des Parteiengesetzes und eine schnelle Erhöhung der staatlichen Zuwendungen an, die in den vergangenen Jahren nahezu gleich geblieben sind. Die Parteien wollten Offenheit und Kontrolle, doch müssten sie sich auch gegen "Schikanen" und eine Diffamierung als raffgierig wehren. "Demokratie kostet Geld."

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