Nur noch 23 Paragrafen

BERLIN. (BB) Noch ein Steuermodell. Der ehemalige Bundesverfassungsrichter Paul Kirchhof hat als vorläufig letzter Ideengeber seinen Vorschlag zur Reform der Einkommen- und Körperschaftssteuer vorgelegt.

Im Wettstreit der Steuer-Systeme könnte Paul Kirchhoff bald vorne liegen und die Favoritenstellung einnehmen. Der renommierte Steuerfachmann hat nämlich nicht nur - im Gegensatz zum CDU-Finanzexperten Friedrich Merz - ein komplett ausformuliertes Steuergesetz vorgelegt, sondern sich auch des Wohlwollens fünf wichtiger Bundesländer versichert. Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen haben sogar regelmäßig eigene Beamte in Kirchhofs Heimatstadt Heidelberg entsandt, um den Reformer in seiner Arbeit zu unterstützen. Insofern ist Kirchhof guten Mutes, dass sein radikales Konzept, das mit einem neunseitigen Gesetzestext und nur 23 Paragrafen auskommt, womöglich den Weg in die Parlamente finden könnte. Insbesondere der Stuttgarter Regierungschef Erwin Teufel (CDU) ist ein großer Fan des Kirchhof-Modells, das auf der Ministerpräsidenten-Konferenz thematisiert werden soll. Die wichtigsten Details: Künftig soll es nur noch eine Einkunftsart geben (statt jetzt sieben). Dabei sollen alle Einkünfte, ob aus Kapitalvermögen, Vermietung oder (nicht)selbständiger Arbeit, gleich behandelt werden. 10 000 Euro sollen grundsätzlich steuerfrei bleiben (8000 Grundfreibetrag, 2000 Kostenpauschale). Für Jahres-Einkommen ab 10 000 bis 15 000 Euro beträgt der Steuersatz 15 Prozent, bis 20 000 Euro 20 Prozent, darüber 25 Prozent. Das heißt, 75 Prozent des Einkommens sind in jedem Fall steuerfrei. "Freiheitskonzept" nennt Kirchhof das. Die Körperschaftsteuer wird nach diesem Modell überflüssig, weil mit der Schaffung des Rechtssubjekts "Steuerjuristische Person" die Trennung zwischen Einkommensteuer und Körperschaftsteuer aufgehoben wird. Der gleichmäßige Steuersatz verhindert, dass zwischen einem Einzelkaufmann, einer Personengesellschaft und einer Körperschaft unterschieden wird. Da möglichst viele Einkünfte direkt an der Quelle besteuert werden (Arbeitslohn, Kapitaleinkünfte, Altersbezüge), erübrigen sich komplizierte Anrechnungsverfahren. Insgesamt soll das System so einfach werden, dass ein normaler Steuerbürger "nur noch zehn Minuten" für seine Steuererklärung benötigt, sagt Kirchhof. Dann sei es nicht mehr notwendig, "ganze Samstage dafür herzugeben, um in Schuhkartons nach Belegen suchen zu müssen". Kern seines Vorschlags ist die Abschaffung sämtlicher Vergünstigungen, um den niedrigen Steuersatz zu ermöglichen.

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