Ökologischer Kompass für die EU

BERLIN. Der drohende Klimawandel hat das politische Berlin in hektische Betriebsamkeit versetzt. Als Erstes schwappt eine Diskussion über den Abbau von Steuerprivilegien für spritfressende Firmenfahrzeuge hoch.

Prompt wollen die Bundesminister ihre Dienstreisen "klimaneutral" gestalten - das per PKW oder Flugzeug ausgestoßene Kohlendioxid soll durch Investitionen in Klimaschutzprojekte ausgeglichen werden. Auch die CDU reitet auf der Klimawelle und gelobt "grüner" zu werden: Im Entwurf für das neue Parteiprogramm ist von einem massiven Ausbau der erneuerbaren Energien die Rede. Dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kürzlich zur Freude der Autolobby eine Abschwächung der EU-Pläne für den Schadstoffausstoß bei Neufahrzeugen erwirkt hatte, scheint weniger in dieses Bild zu passen. Nach Einschätzung des umweltpolitischen Beirats der Bundesregierung ist diese Widersprüchlichkeit symptomatisch für einen schlechten Trend. "Zwischen dem dringend erforderlichen Handeln und der aktuellen Klimapolitik klafft eine zunehmende größere Lücke", befinden die unabhängigen Wissenschaftler in ihrem aktuellen Positionspapier, das sich als ökologischer Kompass für die gegenwärtige EU- und G8-Präsidentschaft Deutschlands versteht. Die Bundesregierung, so die Experten, müsse diese Chance nutzen und auf dem internationalen Parkett für eine klimapolitische Trendumkehr werben. Konkretes Ziel soll die Festschreibung einer Erwärmungsobergrenze von zwei Grad Celsius über dem vorindustriellen Temperaturniveau sein. Bei einer Erwärmung darüber hinaus "würden wahrscheinlich Extremereignisse wie Überflutungen, Hitzwellen oder Tropenstürme ein tolerables Maß überschreiten", heißt es in dem Papier. In den letzten 100 Jahren hat sich die durchschnittliche Lufttemperatur weltweit um 0,8 Grad Celsius erhöht. Diese Entwicklung droht sich schon wegen der wachsenden Industrialisierung in den bevölkerungsreichen Schwellen- und Entwicklungsländern zu beschleunigen. Zur Einhaltung der Zwei-Grad-Obergrenze, die in einer erweiterten Rahmen-Klima-Konvention fixiert werden soll, müssten die globalen Treibhausgasemissionen bereits bis 2050 um rund die Hälfte gegenüber dem Niveau von 1990 verringert werden. Den Schlüssel dafür sieht der umweltpolitische Beirat in einer globalen Energiewende hin zu erneuerbaren Quellen und einer deutlich höheren Effizienz.

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