Ohne Gift geht es nicht

TRIER. Soll man nur noch Bio-Produkte kaufen, um einer Belastung mit Giften aus dem Weg zu gehen? Die deutschen Bauern versichern, trotz Pflanzenschutzmitteln sei ihr Obst und Gemüse sauber. Wem soll der Verbraucher glauben?

Gammelfleisch, Masttiere, Gen-Gemüse, Gift im Obst: Das Essen kann einem zunehmend auf den Magen schlagen. Vor allem die Bio-Branche profitiert von Lebensmittelskandalen und Belastungen durch Pflanzenschutzmitteln. Die Öko-Produkte boomen. Längst fragen nicht nur die typischen Ökos nach Bio-Äpfeln und -Eiern. Viele steigen um, vor allem wenn sie Kinder haben, weil sie darauf setzen, dass die oft teureren Produkte "sauber" sind. Was sicherlich auch der Fall ist. Denn im ökologischen Landbau dürfen keine chemischen und synthetischen Pflanzenschutzmittel, kein Kunstdünger und keine Gentechnik verwendet werden. Nur wer sich als Erzeuger daran hält, darf seine Ware als Bio-Produkt verkaufen. Und das trifft zunehmend den Geschmack der Verbraucher. Mit einem Plus von 20 Prozent rechnet die Bio-Branche.Trotz des eindeutigen Trends siegt bei vielen Kunden noch immer der Preis vor der Qualität. Vor allem bei Gemüse und Obst. Zwar wird zunehmend auch in Discountern Bio-Ware angeboten, doch führt sie dort eher noch ein Nischendasein. Hochgezüchteter Paprika aus Spanien ist eben billiger, weil er mit Hilfe von Düngern und Pflanzenschutz ertragreicher ist als das Bio-Produkt.

Doch das alleinige Schielen auf den Preis könnte sich rächen. Die zunehmende Belastung von Obst und Gemüse ist Ergebnis des ständig wachsenden Preisdrucks bei Lebensmitteln. Geringere Produktionskosten und weniger strenge Vorschriften führen dazu, dass der deutsche Markt immer mehr von ausländischem Obst und Gemüse überschwemmt wird.

Ständig wachsender Preisdruck

Deutsche Bauern sind da kaum noch konkurrenzfähig. Hauptimporteur beim Obst ist Spanien: 35 Prozent der verkauften Erdbeeren oder Trauben kommen von der iberischen Halbinsel, gefolgt von Italien. Beim Gemüse haben die Niederlande mit 34 Prozent vor Spanien die Nase vorn. In den Importen sehen die Bauern auch die Gründe für die Zunahme der Pflanzenschutzmittel-Rückstände in Lebensmitteln: "Die großen Grenzwertüberschreitungen der vergangenen Jahre betrafen überwiegend Gemüse aus der Türkei, Erdbeeren aus Israel oder auch Äpfel aus Südtirol. Auch Spanien ist ein Land, das für Grenzwertüberschreitungen bekannt ist", sagt Herbert Netter vom Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau in Koblenz. Ohne Pflanzenschutzmittel gehe es bei der Massenproduktion von Obst nicht, sagt Norbert Schäfer, Vorsitzender der Obstbauern im nördlichen Rheinland-Pfalz. Doch niemand setze blind die chemische Keule ein. In Deutschland würden strengere Vorschriften für den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln gelten als etwa in Spanien. Man betreibe in Deutschland einen integrierten Ackerbau: Es werde nur so viel Gift verwendet, wie unbedingt nötig. "Ich lege meine Hand dafür ins Feuer, dass es bei Obst aus unserem Anbaugebiet keine Überschreitungen der Höchstwerte von Pflanzenschutzmitteln gibt", behauptet Schäfer vollmundig. Chemische Pflanzenschutzmittel würden eingesetzt, um die Erträge zu sichern, um die Ernte vor dem Verderben zu schützen, um die Lebensmittel hygienisch einwandfrei zu halten und eine wirtschaftliche Produktion zu ermöglichen, heißt es auch bei der Fördergemeinschaft Nachhaltige Landwirtschaft.

Um Verbrauchern gering belastete Lebensmittel anbieten zu könnten, müsse der Handel mit festen Partnern beim Anbau kooperieren, empfiehlt das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit. Genauso wichtig seien Kontrollen vor der Ernte. Bei Babynahrung funktioniert das Prinzip, sie ist nicht mit Pestiziden belastet, wird streng überwacht. "Hier werden Verträge mit heimischen Obst- und Gemüsebetrieben abgeschlossen, die kontrolliert werden", erklärt der Bauernverbandssprecher Netter.

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