PIONIERZEITEN

Am 2. Februar 1984 wurden die Menschen der Region Trier, was sie weder vorher noch nachher jemals waren: Medien-Pioniere. An diesem Tag sendete aus einer Garage auf dem Luxemburger Kirchberg erstmals RTL plus sein düsteres Logo in Blassblau auf violettem Grund. Nur eine Hand voll verkabelter Haushalte in ganz Deutschland wohnte dem Spektakel bei - und alle Leute in und um Trier, die auf der Höhe wohnten oder für Dreifuffzich eine kleine Zusatz-Antenne installierten. Denn die terrestrischen Wellen überschritten frech die Grenze. "Das Fernsehen von Radio Luxemburg" war Stadtgespräch, ein gutes Jahr lang waren die Trierer exklusive Programmkritiker für Medien aus der ganzen Republik. Es ging recht ärmlich zu, Kenner erinnern sich noch an das beliebte Reisequiz, bei dem Pappkulissen hin und her geschoben wurden. Das Programm dauerte täglich nur ein paar Stunden, in der restlichen Zeit flimmerte das vom Radioprogramm untermalte Testbild über den Äther. Auch das Personal rekrutierte sich aus den Radio-Machern, von denen etliche die Gesichts-Kontrolle durch die Fernseh-Zuschauer nicht überstanden. Andere wurden berühmt, wie die unbekannten DJ's Hans Meiser und Björn Schimpf, die Nachrichtenchef Geert Müller-Gerbes im improvisierten Studio assistierten. Einen Praktikanten, der sich clever anstellte, setzten sie gleich vor die Kamera. Er hieß Peter Klöppel. Die Trierer konnten beobachten, wie Towje Kleiner durch die Kultserie "Der ganz normale Wahnsinn" stolperte oder wie Rainer Holbe im esoterischen Hokuspokus versank. Es ging nett zu, auch bei Metty Krings und seinen Kindersendungen. Doch Stück für Stück trimmte RTL-Chef Thoma sein Ziehkind dann auf das Programmprofil, das dem Sender das Spott-Kürzel "Rammeln, Töten, Lallen" einbrachte. Aber das war schon später, nach dem Umzug ins ferne Köln. Dieter Lintz

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