Parkschilder, Amphibien und Tarzanschreie

BERLIN. 24 Parkschilder auf 200 Metern oder 225 000 Euro für ein Amphibienleitsystem - Fälle wie diese hat der Bund der Steuerzahler in seinem neuen Schwarzbuch aufgedeckt.

Es sollte "die mediale Außendarstellung Deutschlands" verbessern: "German TV". 70 000 Kunden veranschlagte die Bundesregierung für das Auslandsfernsehen, obwohl das schon seit fünf Jahren sendende französische Pendant es nur auf 7000 Abonnenten gebracht hatte. 20 Millionen Euro, meinte gestern der Präsident des Bundes der Steuerzahler (BdSt), Karl Heinz Däke, seien entgegen allen Warnungen "sehenden Auges in den Sand gesetzt worden". Eines von 111 Beispielen, die der Steuerzahlerbund in seinem neuesten Schwarzbuch zur Verschwendung von Steuergeldern auflistet. Der "Space-Park" galt als das Zukunftsprojekt der hoch verschuldeten Hansestadt Bremen. Am vergangenen Sonntag, nach nur zehnmonatiger Betriebszeit, schloss die Attraktion bereits wieder. Der Verlust beläuft sich auf 198,7 Millionen Euro nur für die öffentliche Hand. "Hätte das Projekt allein aus privaten Mitteln finanziert werden müssen, wäre die Investition kaum zustande gekommen", sagt Däke. "Denn die Rentabilität des Weltraumparks war von Anfang an mehr als fraglich." Nur ein Beispiel - der Steuerzahlerbund schätzt die öffentliche Verschwendung auf insgesamt 30 Milliarden Euro. So wie jedes Jahr, denn in vielen Behörden regiere eben nach wie vor das "System der kollektiven Unverantwortlichkeit", eine Mentalität der Marke "es ist ja nicht mein Geld". Der Tatbestand der Amtsuntreue für verschwenderische Staatsdiener müsse daher endlich unter Strafe gestellt werden. Es sind aber nicht nur die großen Fehlkalkulationen, die den BdSt ärgern. Kleinvieh macht schließlich auch Mist: Damit Amphibien im Frühjahr gefahrlos eine kleine Straße im Norden Berlins überqueren können, leistete sich die Pleitestadt im März 2004 ein 225 000 Euro teures "Amphibienleitsystem" mit fünf Tunnelröhren - selbst der US-Sender CNN berichtete erstaunt darüber. Die schon vor Ort installierten und preiswerteren Methoden wurden einfach in den Wind geschlagen.Toilettenhäuschen versetzt: 20 000 Euro Kosten

In Düsseldorf gab die Stadt mal eben 20 000 Euro aus, um aus Sichtgründen ein Toilettenhäuschen in den Rheinpromenaden zu versetzen. Oder: Herford investierte 45 000 Euro in eine merkwürdige Tarzan-Schrei-Ausstellung: Als der Schrei per Lautsprecher aus einem Baum ertönte, fuhr ein Radfahrer vor Schreck gegen einen Pfosten. Die Liste der Unsinnigkeiten ist aber noch länger. So wurde im nordrhein-westfälischen Hilchenbach ein schmuckes Wartehäuschen für 4500 Euro kurzerhand um die Kurve herum in eine Nebenstraße und nicht an die Bus-Haltestelle gesetzt. 1316 Euro gab der Ort Neubiberg dafür aus, um auf einer Länge von nur 200 Metern 24 Parkplatzhinweisschilder aufzustellen. In Hagen sammelte ein Standesbeamter über sieben Jahre 127 439 Euro an Traugebühren in zwei Schubladen - und keiner merkte es. Die Stadt erlitt dadurch einen Zinsverlust von 17 000 Euro. Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) gab mal eben 30 000 Euro für eine Atomausstiegs-Party aus, was beim Steuerzahlerbund nur Kopfschütteln auslöste: "Die öffentlichen Kassen können gar nicht so leer sein, wie Politiker immer wieder behaupten", kommentierte Däke. Aber auch bei der Bundeswehr sitzt das Geld locker: Das Segelschulschiff "Gorch Fock" erhält inzwischen seine dritte Gallionsfigur seit 2001. Zwei landeten im Wasser, weil sie nicht seetauglich waren. Kosten: 114 000 Euro. Während in manchen Bereichen, wie etwa bei Politiker-Reisen, in diesem Jahr eine Besserung zu beobachten sei, steige die Verschwendung bei der Vergabe öffentlicher Fördermittel und vor allem bei der Politikberatung. "Das hat in den vergangenen Jahren ein gewaltiges Ausmaß angenommen", kritisierte Däke nicht nur Millionenausgaben bei der Bundesagentur für Arbeit. So erhalte ein ehemaliger Bundeswehroffizier 1085 Euro im Monat für die Beratung des Finanzministeriums bei aktuellen Vorhaben. Viel Verwertbares sei nicht herausgekommen, befand der Präsident.

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