Per Maus zur Apotheke

TRIER. Zwar hat die Apothekerkammer bei der Notdienstregelung nachgebessert, aber optimal ist es immer noch nicht: Die Abfrage der Bereitschaftsapotheken per Internet ist ebenso kompliziert wie per Telefon.

Die Suche per Internet ist mühsam. Mit der Computer-Maus muss eine Lupe bewegt werden, entsprechend bewegt sich daneben eine Landkarte von Rheinland-Pfalz. Erscheint irgendwo ein rotes Apotheken-A auf der Karte, kann man darauf klicken und rechts erscheinen dann Name, Adresse und Telefonnummer der dienstbereiten Apotheke. Ein wenig erinnert das Ganze an eine Computer-Version der legendären Fernsehshow "Der goldene Schuss". Mit Glück und ruhiger Hand "trifft" man die richtige Apotheke. "Wer sucht schon, wenn er krank ist, nachts im Internet nach einer Apotheke?", wundert sich der Wittlicher Allgemeinarzt Rudolf Bauer. Zumal die Suche per Postleitzahl oder Ortsname nicht mit allen Internetzugängen funktioniert. Also keineswegs ein "denkbar einfaches Verfahren", wie die Landesapothekerkammer ihr neues System preist, die Notdienste per Internet oder per Telefon abzurufen. Auch die Möglichkeit, die Notdienstpläne für die kommenden zwei Wochen für einen Umkreis von bis zu 50 Kilometer abzurufen, erweist sich als wenig praktikabel. Wer legt sich prophylaktisch drei, vier Seiten neben das Telefon, um sie dann im Notfall durchzublättern? Zumal die Liste nicht aktuell ist. "Wir können nicht Tage voraus garantieren, dass die genannte Apotheke tatsächlich geöffnet hat", erklärt Kammer-Geschäftsführer Arnulf Klein. Der tägliche Notdienst der 1100 Apotheken im Land ist bereits für das komplette Jahr von der Landesapothekerkammer festgelegt worden. Maßgabe: Jede Apotheke sollte alle 13 Tage nur noch Notdienst haben, nicht mehr als 80 pro Nacht. "Kurzfristige Änderungen bei Krankheit des Apothekers sind darin natürlich nicht berücksichtigt", sagt Klein. Den wirklich gültigen Plan für den Tag kann man erst am Tag selbst abrufen, im Internet oder per 16-stelliger 0900-er-Nummer. Personen, die sich über den geänderten Notdienst beschweren, verweist die Apothekenkammer auf ihre Internetseite und teilt außerdem mit, dass die Medien mit dem neuen Angebot die Möglichkeit haben, die Notdienste wieder zu veröffentlichen. Dass die Pläne aber gar nicht aktuell sein können, und Patienten eventuell vor verschlossenen Türen stehen könnten, wird verschwiegen. Außerdem steht das im Gegensatz zu dem, was die Apothekenkammer zum Start der Neuregelung verkündet hat: Eine Veröffentlichung der Notdienste in den Zeitungen werde damit überflüssig. Die Kammer stellte die Pläne den Medien seit Jahresanfang erst gar nicht mehr zur Verfügung. Erst nachdem sich die Beschwerden über die umständliche und kostenpflichtige Abfrage der Notdienste per Telefon häuften und das Ganze auch Thema im Landtag war, wurde das Zusatzangebot im Internet geschaffen. Immerhin brüsten sich einige Politiker wie der CDU-Landtagsabgeordnete Josef Rosenbauer aus Altenkirchen im Westerwald damit, dass die Apothekenkammer "unsere Kritik" ernst genommen und das System nun "optimiert" habe. "Grundversorgung auf dem Land gefährdet"

Das sieht TV-Leser Jürgen Helten aus Nohn (Kreis Daun) ganz anders. Mit der Neuregelung des Notdienstes sei die gesundheitliche Grundversorgung auf dem Land gefährdet. Nicht jeder könne die Notdienste über die 0900-er-Nummer abrufen, weil viele diese Vorwahl wegen oft teurer Hotlines haben sperren lassen. Auch verfüge nicht jeder über Internet, beschwert sich der Eifeler. Bei der Apothekerkammer sieht man durchaus "im Einzelfall" Nachbesserungsbedarf, wie Klein bestätigt. Bis Juli gibt man sich dafür Zeit. Doch ganz verstehen könne er die Aufregung um die Neuregelung nicht. "Danach müssten die Apotheken nachts von Kunden gestürmt werden." Mehr als zwei, drei echte Notfälle pro Apotheke seien es jedoch normalerweise nie. Daher werde es keine grundsätzliche Änderung geben. Das System sei vorher getestet worden. Ideal wäre, so Klein, wenn es bundesweit eine kostenfreie Nummer gebe, bei der man alle Notdienste, auch die der Ärzte, abrufen könnte. "Das ist meine Vision." Als nächster Schritt soll jedoch erst einmal ein gemeinsamer Apothekennotdienst mit den Nachbarländern, wie etwa Saarland und Hessen, aufgebaut werden. Dringenden Bedarf die derzeitige Regelung zu ändern, sehen auch einige Mediziner – wie der Wittlicher Arzt Rudolf Bauer. Viele Patienten würden sich bei ihm beschweren, dass sie etwa am Wochenende weit bis zur nächsten Apotheke fahren müssten. "Sagen Sie mal einer Mutter mit einem Kind mit 40 Fieber, dass sie 30 Kilometer bis zur nächsten Apotheke fahren muss."

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