Pfeifen im Walde: CDU und CSU schließen Frieden

Berlin · Mancher Satz aus der Union klang am Montag wie das berühmte Pfeifen im Walde. Wie der von Volker Kauder: Die Ernennung von Martin Schulz zum SPD-Kanzlerkandidaten bedeute für seine Partei "überhaupt keine Veränderung", so der Fraktionschef trotzig. In Wahrheit ist man aber in der Union ziemlich "beeindruckt", wie Schulz der alten Tante SPD neues Leben eingehaucht hat.

Berlin. Schulz verriet, dass ihm auch die Bundeskanzlerin zu seiner Berufung gratuliert habe. "Das war eine freundliche SMS", erklärte der Genosse. So werde er es auch halten, wenn Angela Merkel tatsächlich gemeinsame Kandidatin der Unionsparteien sei. Dass es so kommen wird, steht mittlerweile außer Frage. Der CSU-Vorstand gab am Montag formal grünes Licht, damit Merkel bei der gemeinsamen Präsidiumssitzung von CDU und CSU in München am nächsten Sonntag und Montag als Kanzlerkandidatin ausgerufen werden kann. Dann darf Schulz seine Gratulations-SMS abschicken.
Der alles überschattende Konflikt soll bei dem Treffen in der CSU-Landesleitung freilich keine zentrale Rolle spielen - soll heißen: Der Streit um die Flüchtlings-Obergrenze von 200 000, die die Bayern verlangen, bleibt ungelöst. Ins gemeinsame Wahlprogramm wird die Forderung nicht aufgenommen, sie soll sich aber nach den Worten von CSU-Chef Horst Seehofer im Bayern-Plan seiner Partei wiederfinden. Einen solchen Plan hatte die CSU schon vor der letzten Bundestagswahl vorgelegt. Das Problem ist ein anderes: Ohne Obergrenze will Seehofer keine Koalition in Berlin eingehen. Das hat der Ministerpräsident mehrfach betont. Ist das durchzuhalten?
Hinter den Kulissen werden mögliche Szenarien diskutiert, die eintreten könnten. Szenario eins: Seehofer setzt sich nach einem möglichen Wahlsieg bei den dann anstehenden Koalitionsverhandlungen durch und das Vorhaben landet im Koalitionsvertrag. Dass die Kanzlerin nach der Wahl geschmeidiger ist als davor, hat das Thema PKW-Maut gezeigt - Merkel war im Wahlkampf 2013 noch gegen den CSU-Plan, anschließend stellte sie sich ihm nicht mehr in den Weg. Nur müsste dann auch ein dritter potentieller Koalitionspartner mitspielen, vielleicht sogar ein vierter, was unwahrscheinlich ist.
Deshalb ist ein weiteres Szenario denkbar, übrigens genauso, wenn die CDU-Chefin stur auf ihr Nein pocht: Seehofer seinerseits hält Wort und verzichtet auf eigene CSU-Minister. Möglich wäre dann eine Art Tolerierung der von Merkel geführten Regierung für die Union als Ganzes bis zur bayerischen Landtagswahl 2018, bei der Seehofer die absolute Mehrheit verteidigen will. has

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