Piesport: Mal charmant, mal unbeherrscht

PIESPORT/NEUMAGEN-DHRON. Diesmal waren mehr 500 Zuschauer gekommen. Das sind nochmal gut 200 mehr als vor zwei Wochen in Neumagen-Dhron. Und diese 500 erlebten gestern Abend in der Moseltalhalle Piesport eine denkwürdige Sitzung. Der VG-Rat hat das Abwahlverfahren beschlossen. Bürgermeister Hans Werner Schmitts berufliche Zukunft hängt nun vom Votum der Bürger ab.

Interesse, Neugier, auch ein bisschen Sensationslust haben gestern mehr als 500 Besucher in die Piesporter Moseltalhalle gelockt. "Wer ist dieser Hans Werner Schmitt? Ist er ein Schauspieler, der alle nur an der Nase herumführt? Ist er womöglich ein Opfer von Intrigen? Oder ist er überhaupt noch klar im Kopf, vielleicht sogar krank? Warum will der Rat ihn absägen?", fragen sich viele Menschen. Es ist 19.10 Uhr, als der Bürgermeister zum Mikrofon greift und die Sitzung eröffnet. Das Gemurmel im Saal hört augenblicklich auf, alle hören gespannt zu. Über eine Stunde dauert es dann, bis endlich der Tagesordnungspunkt aufgerufen wird, für den alle gekommen sind: Antrag auf Einleitung des Abwahlverfahrens gegen den Bürgermeister der Verbandsgemeinde Neumagen-Dhron. Schmitt beginnt kühl, er will alles unter Kontrolle haben. Doch der Mann hat viele Gesichter, wie sich im Verlaufe der Sitzung zeigt. Manchmal wirkt er charmant, lächelt sogar, dann ist er erkennbar genervt, wird gelegentlich aggressiv und leicht cholerisch. "Herr Schwarz behindert die Ratssitzung. Bitte nehmen sie das ins Protokoll auf", sagt er plötzlich, offenbar völlig unmotiviert, zu seinem 3. Beigeordneten Alfred Schwarz. Kurz zuvor hat er noch einnehmend die Besucher mit den Worten begrüßt: "Ihre Anwesenheit zeigt, dass in der Verbandsgemeinde ein demokratischer Gedanke herrscht." Schließlich gibt es ein nervenzerrendes Geplänkel zwischen ihm und einer Reihe von Ratsmitgliedern wegen der Tagesordnung. Schmitt muss eine erste Niederlage einstecken, als der Rat den Tagesordnungspunkt I, "Einwohnerfragestunde", ans Ende der Sitzung setzt. Schmitt liest daraufhin aufreizend langsam die gesamte Tagesordnung noch einmal vor. Dann stellt Klaus Weller, ein Schmitt-Mann, den Antrag, den Tagesordnungspunkt "Einleitung des Abwahlverfahrens" abzusetzen. Geraune im Saal. Weller sagt zur Begründung, einige Ratsmitglieder seien unter Druck gesetzt worden. 17 Räte lehnen Wellers Antrag ab, vier, einschließlich Schmitt, stimmen dagegen. Der 3. Beigeordnete Alfred Schwarz sagt: "Ich stelle fest, dass Herr Schmitt mit abgestimmt hat, trotz seiner Befangenheit." "Es gibt da Ungereimtheiten"

Noch immer nicht geht es um den Punkt, aus dessen Anlass die 500 Menschen gekommen sind. Ratsmitglied Wolfgang Arens will, dass auf der Sitzung zusätzlich über die Sanierung der Schulturnhalle Neumagen-Dhron debattiert wird. Dies sei dringlich. Schmitt sagt: "Ich sehe keine Dringlichkeit. Entschuldigung, aber das ist so." Dann hält Schmitt einen fast zehnminütigen Monolog über das Ausschreibungsverfahren für die Sanierungsmaßnahme. Zum Schluss sagt er: "Es gibt da Ungereimtheiten, über die ich öffentlich nicht diskutieren will." Um 21.40 Uhr endlich die Abstimmung: 17 Räte stimmen für das Abwahlverfahren, zwei dagegen, Ratsmitglied Klaus Weller stimmt nicht mit ab, sondern verlässt den Saal. Das Publikum spendet lauten Beifall.

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